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Anmerkungen zu § 795b ZPO

§ 795b ZPO wurde eingefügt
durch das Zweite Gesetz zur Modernisierung der Justiz (2. Justizmodernisierungsgesetz) vom 22.12.06
(Art.10 Nr.9, BGBl.2006  S.3416, 3420, 3421, in Kraft seit 31.12.06).

 

aus der Begründung zum 2. Justizmodernisierungsgesetz

--> Gesetzentwurf  (mit Begründung)

B. Einzelbegründung

Artikel 10 Nr.9 (§ 795b ZPO)

Gemäß § 795 ZPO sind auf die Zwangsvollstreckung aus gerichtlichen Vergleichen im Sinne des § 794 Absatz 1 Nr.1 ZPO die Vorschriften der §§ 724 - 793 ZPO entsprechend anzuwenden. Aufgrund dessen ist für die Erteilung der Vollstreckungsklausel grundsätzlich der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle zuständig (§ 724 Abs.2 ZPO). Hängt jedoch die Vollstreckung ihrem Inhalt nach von dem durch den Gläubiger zu beweisenden Eintritt einer anderen Tatsache als der Leistung einer Sicherheit ab, ist der Rechtspfleger für die Klauselerteilung zuständig (§ 726 Abs.1 ZPO i.V.m. § 20 Nr.12 RPflG).

Bei der Vollstreckbarerklärung von gerichtlichen Vergleichen, deren Wirksamkeit ausschließlich vom Eintritt einer sich aus der Verfahrensakte ergebenden Tatsache abhängig ist, wie insbesondere bei einem unter einem Widerufsvorbehalt geschlossenen Vergleich oder auch bei einem unter der aufschiebenden Bedingung des Eintritts der Rechtskraft des Scheidungsurteils geschlossenen Unterhaltsvergleich, ist die gerichtliche Praxis in der Vergangenheit regelmäßig von der Anwendung der Grundnorm des § 724 Abs.2 ZPO und damit von der Zuständigkeit des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle ausgegangen. Entsprechendes gilt für die Verwaltungs- und Sozialgerichtsbarkeit.

Dieser Handhabung hat das Bundesarbeitsgericht in seinem Beschluss vom 05.11.2003 (Az.: 10 AZB 38/03; u.a. veröffentlicht in NJW 2004,701) widersprochen. In den maßgeblichen Fällen hat das BAG unter Hinweis auf § 726 eine Zuständigkeit des Rechtspflegers angenommen.

In der Judikatur der Oberlandesgerichte ist die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts teils auf Zustimmung, teils auf Ablehnung gestoßen.

Mit der vorgeschlagenen Regelung des neuen § 795b ZPO soll entsprechend dem Bedürfnis der gerichtlichen Praxis nach einer ganzheitlichen, effizienten und Ressourcen  sparenden Aufgabenerledigung nunmehr klargestellt werden, dass für die Erteilung der Vollstreckungsklausel bei gerichtlichen Vergleichen, deren Wirksamkeit ausschließlich vom Eintritt einer sich aus der Verfahrensakte ergebenden Tatsache abhängig ist, der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle zuständig ist. Die Regelung steht in Zusammenhang mit den Vorschriften in § 724 Abs.2, § 797 Abs.1, § 797a Abs.1 ZPO. Sie erfasst insbesondere die beiden in der Praxis wichtigsten Fallgestaltungen, nämlich den unter Widerufsvorbehalt geschlossenen Vergleich und den unter der aufschiebenden Bedingung der Rechtskraft des Scheidungsurteils geschlossenen Unterhaltsvergleich. Durch das Wort "ausschließlich" wird klargestellt, dass für den Fall, dass die Wirksamkeit des Vergleichs von anderen als den genannten Tatsachen abhängt, die allgemeinen Zuständigkeitsregelungen der §§ 726ff ZPO, 20 Nr.12 RPflG eingreifen.

Der Regelungsvorschlag lehnt sich an § 724 Abs.2 ZPO an. Soweit der Rechtsstreit - wie z.B. in den Fällen eines Teilvergleichs oder einer Beschwerde über eine Nebenentscheidung - bei einem höheren Gericht anhängig ist, soll - wie nach § 724 Abs.2 2.Halbsatz ZPO - aus Gründen der Beschleunigung und Effizienz für die Erteilung der vollstreckbaren Ausfertigung der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle dieses Gerichts zuständig sein.



Rechtsanwalt Arne Maier, Am Kronenhof 2, 73728 Esslingen