www.rechtsrat.ws

Arbeitsrecht
Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall
"Überstunden"
(§ 4 Abs. 1a EFZG)

Bundesarbeitsgericht (BAG)
Urteil vom 09.07.03
(5 AZR 610/01)

externe Links:
 
Wir wissen nicht, ob die dortigen Inhalte richtig und aktuell sind.

  
   aus den Entscheidungsgründen:   
  "2. Nach § 4 Abs.1a Satz 1 EFZG gehört nicht zum Arbeitsentgelt nach Abs.1 das zusätzlich für Überstunden gezahlte Arbeitsentgelt. Dieses ist im Krankheitsfall nicht fortzuzahlen.

a) Zusätzlich für Überstunden gezahltes Entgelt stellen nicht nur die Überstundenzuschläge dar. Auch die Grundvergütung für die Überstunden wird zusätzlich zum "normalen" Entgelt, und zwar für die Überstunden, gezahlt. Hätte der Gesetzgeber nur die Überstundenzuschläge aus der Entgeltfortzahlung herausnehmen wollen, hätte er das mit dem eingeführten Begriff "Überstundenzuschläge" klar ausdrücken können. Er hätte zumindest das Wort "zusätzlich" zwischen die Worte "Überstunden" und "gezahlte" stellen und damit ausdrücken können, dass eine Zusatzvergütung (zur Grundvergütung) gemeint sei. Das Gesetz klammert demgegenüber sowohl die Grundvergütung als auch die Zuschläge für Überstunden aus (...). Das kommt in dem Wortlaut und dem Zusammenhang der Norm hinreichend zum Ausdruck.

b) Beim Begriff der Überstunden geht es entscheidend um die Frage, ob an eine generelle, vornehmlich tarifliche bzw. betriebsübliche Arbeitszeit oder an die individuelle regelmäßige Arbeitszeit des betreffenden Arbeitnehmers anzuknüpfen ist.

aa) Der Wortlaut ist nicht eindeutig. (...)

bb) Der Zusammenhang des Gesetzes, insbesondere von § 4 Abs.1 und Abs.1a EFZG, spricht für die Maßgeblichkeit der individuellen regelmäßigen Arbeitszeit. (...)

cc) § 4 Abs.1a EFZG erfasst nach seinem Wortlaut und nach Sinn und Zweck auch wiederholt geleistete Überstunden. Immer muss es sich aber um Überstunden handeln. Überstunden iSv. § 4 Abs.1a EFZG liegen vor, wenn die individuelle regelmäßige Arbeitszeit des Arbeitnehmers überschritten wird. Damit fallen einerseits die bisher der regelmäßigen Arbeitszeit zugerechneten wiederholt anfallenden Überstunden aus der Entgeltfortzahlung heraus. Andererseits ist nicht zu übersehen, dass es Fälle einer individuellen regelmäßigen Arbeitszeit gibt, die von der betriebsüblichen oder tariflichen Arbeitszeit abweicht. Leistet der Arbeitnehmer ständig eine bestimmte Arbeitszeit, die mit der betriebsüblichen oder tariflichen Arbeitszeit nicht übereinstimmt, kann von Überstunden nicht gesprochen werden. Überstunden werden wegen bestimmter besonderer Umstände zusätzlich geleistet. Die übliche Arbeitszeit wird vorübergehend verändert. Das ist für jeden Arbeitnehmer individuell zu beurteilen. Auch bei einer beständigen Arbeitszeit kommen (außerdem) Überstunden in Betracht, die für die Entgeltfortzahlung nicht zu berücksichtigen sind. Nur die hierfür geleistete Vergütung stellt für den Arbeitnehmer zusätzliches Entgelt dar.

dd) Allein diese Auslegung wird dem Grundsatz der Gleichbehandlung hinsichtlich der Arbeitnehmer gerecht, die einen festen Monatslohn oder ein festes Monatsgehalt für ihre ständig zu erbringende Arbeit erhalten. Die Entgeltfortzahlung für diese Arbeitnehmer richtet sich nach dem vereinbarten Entgelt auf der Basis der ständig geleisteten Arbeitszeit (...).

3. Arbeitet der Arbeitnehmer mit einer gewissen Stetigkeit über die tarifliche oder betriebsübliche Arbeitszeit hinaus, ist jedoch die ausdrückliche oder konkludente Vereinbarung einer bestimmten ständigen Arbeitszeit in diesem Umfang nicht ohne weiteres festzustellen, gilt für die Abgrenzung der individuellen regelmäßigen Arbeitszeit von den bei der Entgeltfortzahlung nicht zu berücksichtigenden Überstunden folgendes: (...)"
 

weitere Infos: