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aus den Entscheidungsgründen: |
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"Bleibt der Arbeitnehmer eigenmächtig der Arbeit fern,
etwa weil er sich nach einem abgelehnten Urlaubsantrag selbst beurlaubt hat,
so hat die Rechtsprechung stets einen Dauertatbestand angenommen und ist davon
ausgegangen, dass die Ausschlussfrist des § 626 Abs.2 BGB erst dann beginnt,
wenn der Arbeitnehmer wieder im Betrieb erscheint
(Senatsurteil vom 25.02.1983, 2 AZR 298/81;
LAG Hamm Beschluss vom 05.01.1983, 3 TaBV 61/82, BB 1983,1473 und
Urteil vom 01.09.1995, 10 Sa 1909/94.
(...)
Der Arbeitnehmer, der eigenmächtig einen vom Arbeitgeber nicht genehmigten Urlaub
antritt, verstößt in erheblichem Maße gegen seine
vertraglichen Pflichten. Dieser Pflichtverstoß setzt sich mit jedem
weiteren Urlaubstag fort und je länger der Urlaub dauert, desto gewichtiger
ist das Fehlverhalten des Arbeitnehmers. Der Arbeitgeber kann achtenswerte
Gründe haben, nicht bereits am ersten Tag des unentschuldigten Fehlens
des Arbeitnehmers mit einer fristlosen Kündigung zu reagieren.
Oft wird er den Grund des Fehlens des Arbeitnehmers und den Grad
der Pflichtwidrigkeit erst nach einem Gespräch mit dem Arbeitnehmer, also nach
dessen Rückkehr an den Arbeitsplatz klären können.
Reagiert der Arbeitgeber nicht schon auf die Ankündigung
des unberechtigten Fehlens oder auf den eigenmächtigen Antritt des nicht
genehmigten Urlaubs mit einer fristlosen Kündigung, so kann der Arbeitnehmer
daraus noch nicht den Schluss ziehen, der Arbeitgeber halte die Pflichtverletzung
für nicht so gravierend, dass dadurch das Arbeitsverhältnis
gefährdet werde.
(...)
Bei der erneuten Prüfung wird das Landesarbeitsgericht folgendes zu beachten haben:
Tritt der Arbeitnehmer eigenmächtig einen vom Arbeitgeber nicht genehmigten
Urlaub an, so verletzt er damit seine arbeitsvertraglichen Pflichten und ein
solches Verhalten ist an sich geeignet, einen wichtigen Grund zur fristlosen
Kündigung darzustellen.
Der Arbeitnehmer, der sich selbst beurlaubt, verletzt nicht
eine bloße Nebenpflicht aus dem Arbeitsverhältnis, er verletzt
vielmehr die Hauptpflicht zur Arbeitsleistung, von der er mangels einer
Urlaubsbewilligung durch den Arbeitgeber nicht wirksam entbunden ist.
Die Urlaubsgewährung erfolgt nach § 7 BUrlG durch den Arbeitgeber.
Lehnt dieser die Urlaubserteilung ohne ausreichende Gründe ab oder nimmt
in zumutbarer Zeit zu dem Urlaubsantrag keine Stellung, so kann
der Arbeitnehmer durch eine Leistungsklage oder ggf. einen Antrag auf Erlass
einer einstweiligen Verfügung seine Ansprüche durchsetzen.
Ein Recht des Arbeitnehmers, sich selbst zu beurlauben,
ist angesichts des umfassenden Systems gerichtlichen Rechtsschutzes grundsätzlich
abzulehnen (BAGE 9,185; BAG Urteil vom 07.12.1988,
7 AZR 122/88; vgl. BAG Urteil vom 21.05.1992, 2 AZR 10/92,
BAGE 70,262; ebenso BAG Urteil vom 21.09.1993, 9 AZR 429/91,
BAGE 74,204). Auch wenn der Arbeitgeber dem Urlaubsverlangen
des Arbeitnehmers hätte nachkommen müssen, wird dadurch
der eigenmächtige Urlaubsantritt durch den Arbeitnehmer nicht zu einer
verzeihlichen Verletzung einer Nebenpflicht. Es stellt im Gegenteil
regelmäßig sogar eine beharrliche Arbeitsverweigerung dar,
wenn der Arbeitnehmer trotz der Ablehnung seines Urlaubsantrags sich einfach
selbst beurlaubt und damit beharrlich seiner Arbeitspflicht nicht nachkommt.
Ob in derartigen Fällen vor Ausspruch einer fristlosen
Kündigung eine Abmahnung erforderlich ist, wird regelmäßig
von dem konkreten Inhalt der Unterredung zwischen den Arbeitsvertragsparteien
vor dem eigenmächtigen Urlaubsantritt abhängen. Hat der Arbeitgeber
auf konkrete betriebliche Gründe hingewiesen, die einer Urlaubsgewährung
entgegenstehen und dem Arbeitnehmer nachdrücklich klargemacht, im Fall eines
unberechtigten Urlaubsantritts werde er arbeitsrechtliche Konsequenzen ergreifen,
so muss dem Arbeitnehmer klar sein, dass er seinen Arbeitsplatz
aufs Spiel setzt, wenn er trotzdem zu dem rechtswidrigen Mittel
der Selbstbeurlaubung greift. Nimmt andererseits der Arbeitgeber
die Ankündigung des Arbeitnehmers, er werde trotz Ablehnung
des Urlaubsantrags in Urlaub gehen, einfach kommentarlos hin, so wird
je nach den Umständen der Arbeitnehmer nicht damit rechnen müssen,
dass der Arbeitgeber bereit ist, ohne weitere Abmahnung sofort
zum äußersten Mittel der fristlosen Kündigung zu greifen.
Bei der Interessenabwägung ist es zugunsten des Arbeitnehmers
zu berücksichtigen, wenn der Arbeitgeber ohne ausreichende
betriebliche Notwendigkeit den Betriebsablauf nicht so organisiert hat,
dass über die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers rechtzeitig entschieden
werden konnte. Andererseits ist zu Lasten des Arbeitnehmers
zu berücksichtigen, wenn (...) ausreichende betriebliche Gründe vorlagen,
die einer Urlaubserteilung entgegenstanden und der Arbeitnehmer in Kenntnis
der betrieblichen Notsituation unberechtigt der Arbeit ferngeblieben ist." |
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