gespeichert am 15.07.04

Dies ist G o o g l e s Cache von http://www.betriebsraete.de/bag-1998/7%20AZR%20477-97.TXT.
G o o g l es Cache enthält einen Schnappschuss der Webseite, der während des Webdurchgangs aufgenommenen wurde.
Unter Umständen wurde die Seite inzwischen verändert.Klicken Sie hier, um zur aktuellen Seite ohne Hervorhebungen zu gelangen.
Diese Seite im Cache bezieht sich eventuell auf Bilder, die nicht länger zur Verfügung stehen. Klicken Sie hier, um nur den Text im Cache anzuzeigen.
Um einen Link oder ein Bookmark zu dieser Seite herzustellen, benutzen Sie bitte die folgende URL: http://www.google.com/search?q=cache:AWl89wFfLtsJ:www.betriebsraete.de/bag-1998/7%2520AZR%2520477-97.TXT+%227+AZR+477/97%22&hl=de&ie=UTF-8


Google steht zu den Verfassern dieser Seite in keiner Beziehung.
Diese Suchbegriffe wurden hervorgehoben:  azr  477  97 

 Gericht: BAG
 Aktenzeichen: 7 AZR 477/97
 Datum: Urteil vom 29.10.98



                                 Vorinstanz:
 Vorinstanz: LAG Niedersachsen - 21.7.1997 - 4 Sa 2283/96; ArbG Wilhelmshaven
- 7.11.1996 - 2 Ca 394/96

                                    Normen
 - BErzGG § 21;
- BGB § 620 (Befristeter Arbeitsvertrag)


                                  Leitsätze

Leitsätze:
(Befristung des Arbeitsvertrages zur Vertretung)

»1. Die in den Nr. 1 und 2 SR 2y genannten Befristungsgrundformen des
Zeitangestellten, des Angestellten für Aufgaben von begrenzter Dauer und des
Aushilfsangestellten stehen selbständig nebeneinander. Der Begriff des
Zeitangestellten ist nicht der Oberbegriff dieser drei Befristungsgrundformen.

2. Der Sachgrund der Vertretung ist auch dann der Befristungsgrundform des
Aushilfsangestellten zuzuordnen, wenn die Befristung auf § 21 BErzGG gestützt
wird.«

                                    Gründe
 Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Rechtswirksamkeit der Befristung des
Arbeitsverhältnisses der Klägerin zum 1. April 1996.

Die 1972 geborene Klägerin wurde vom beklagten Landkreis in der Zeit vom 1.
August 1991 bis zum 31. Januar 1995 (Tag der bestandenen Wiederholungsprüfung)
zur Verwaltungsfachangestellten ausgebildet. Aufgrund befristeten
Arbeitsvertrages vom 9. Februar 1995 wurde sie zunächst in der Zeit vom 1.
Februar 1995 bis zum 30. Juni 1995 mit der Aufarbeitung von Rückständen im
Bereich Mahnverfahren in der Kreiskasse des beklagten Landkreises beschäftigt.
Aufgrund eines weiteren befristeten Arbeitsvertrages vom 29. Juni 1995 wurde
die Klägerin in der Zeit vom 1. Juli 1995 bis zum 31. Dezember 1995 im
Jugendamt des beklagten Landkreises beschäftigt.

Mit Schreiben vom 10. November 1995 teilte der Beklagte der Klägerin mit,
aufgrund des bestehenden Personalbedarfs sei er bereit, sie ab dem 1. Januar
1996 befristet bis zum 1. April 1996 weiterhin als Verwaltungsangestellte
einzusetzen. Er bitte um Verständnis, daß er eine Entscheidung über eine
Weiterbeschäftigungsmöglichkeit über diesen Termin hinaus erst treffen könne,
wenn die zur Zeit stattfindende Organisationsuntersuchung abgeschlossen sei
und das dann zu erstellende Gutachten vorliege und ausgewertet sei.

In § 1 des daraufhin abgeschlossenen Arbeitsvertrages vom 10. November 1995
heißt es, die Klägerin werde ab dem 1. Januar 1996 als vollbeschäftigte
Angestellte auf Zeit bis zum 1. April 1996 eingestellt. In § 2 des
Arbeitsvertrages ist vereinbart, daß sich das Arbeitsverhältnis nach dem BAT
und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen,
insbesondere der SR 2y BAT, bestimme.

Die Klägerin hat die Befristung wegen Fehlens eines sachlichen Grundes für
unwirksam gehalten. Sie hat mit der am 3. April 1996 eingereichten Klage
beantragt

festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien unbefristet fortbesteht.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat im wesentlichen
vorgetragen, Grund der Befristung sei gewesen, daß die Klägerin eine
Angestellte zu vertreten hatte, die bis zum 1. April 1996 wegen des
Beschäftigungsverbots nach dem Mutterschutzgesetz ausfiel. Das Vorliegen
dieses Befristungsgrundes sei für die Klägerin aus dem Schreiben des Beklagten
vom 10. November 1995 erkennbar gewesen. Damit seien die Voraussetzungen nach
§ 21 BErzGG erfüllt. Auf diesen Befristungsgrund könne er sich auch berufen,
denn die Klägerin sei als "Zeitangestellte" im Sinne der Nr. 2 Abs. 2 SR 2y
BAT eingestellt worden.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen; das Landesarbeitsgericht hat ihr
stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt
der Beklagte die Wiederherstellung des Ersturteils. Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist unbegründet, denn das Berufungsurteil ist rechtsfehlerfrei.

Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, daß sich der beklagte
Landkreis auf den von ihm allein angeführten Befristungsgrund der Vertretung
nicht berufen kann, weil im Arbeitsvertrag vom 10. November 1995 die
Einstellung der Klägerin als Zeitangestellte (Nr. 2 Abs. 2 SR 2y BAT)
vereinbart worden war und der Befristungsgrund der Vertretung (auch nach § 21
BErzGG) dieser Befristungsform nicht zuzuordnen ist.

1. Gemäß Nr. 2 Abs. 1 SR 2y BAT ist im Arbeitsvertrag zu vereinbaren, ob der
Angestellte als Zeitangestellter, als Angestellter für Aufgaben von begrenzter
Dauer oder als Aushilfsangestellter eingestellt wird. Nach ständiger
Senatsrechtsprechung (vgl. zuletzt etwa Urteil vom 31. August 1994 -
7 AZR 983/93 - AP Nr. 163 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu II 1 der
Gründe, m.w.N.), von der das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgegangen ist,
erfordert die Tarifvorschrift zwar nicht die Vereinbarung des sachlichen
Befristungsgrundes, wohl aber die Vereinbarung der Befristungsgrundform
(Zeitangestellter, Angestellter für Aufgaben von begrenzter Dauer bzw.
Aushilfsangestellter).

2. Die drei in Nr. 2 Abs. 1 SR 2y BAT genannten Befristungsgrundformen stehen,
wie sich auch aus ihrer Gegenüberstellung in den Unterabs. a bis c der Nr. 1
SR 2y BAT ergibt, selbständig nebeneinander. Insbesondere verwendet die Nr. 2
SR 2y den Begriff des "Zeitangestellten" nicht - wie die Revision meint - als
Oberbegriff für alle Angestellten, deren Arbeitsverhältnis mit Ablauf einer
kalendermäßig bestimmten Frist enden soll. Das wird daraus deutlich, daß in
Unterabs. b der Nr. 1 SR 2y BAT auch Angestellte für Aufgaben von begrenzter
Dauer angeführt sind, deren Arbeitsverhältnis ebenfalls durch Ablauf einer
kalendermäßig bestimmten Frist enden soll. Dem Begriff des "Zeitangestellten"
im Sinne der Nr. 1 und 2 SR 2y BAT sind mithin nur solche Befristungsgründe
zuzuordnen, die weder unter den Buchst. b der Nr. 1 SR 2y BAT (Aufgaben von
begrenzter Dauer) noch unter den Buchst. c der Nr. 1 SR 2y BAT (Vertretung
oder zeitweilige Aushilfe) fallen. Soweit, wie insbesondere von der Revision,
der Begriff des "Zeitangestellten" demgegenüber zur Bezeichnung aller auf der
Grundlage befristeter Arbeitsverträge beschäftigter Angestellter, deren
Arbeitsverhältnis mit Ablauf einer kalendermäßig bestimmten Frist (und nicht
durch die Erreichung eines bestimmten Zwecks oder durch den Eintritt eines
bestimmten Ereignisses) enden soll, verwendet wird, handelt es sich nicht um
den Begriffsinhalt nach den Nr. 1 und 2 der SR 2y BAT. Nur der Vollständigkeit
wegen sei angemerkt, daß der Begriff des "Zeitangestellten" in der
Protokollnotiz Nr. 1 zu Nr. 1 SR 2y BAT angesichts der abweichenden
Zweckrichtung dieser Vorschrift wiederum anders zu verstehen ist: Die
Protokollnotiz Nr. 1 zu Nr. 1 SR 2y BAT bezeichnet alle befristet
eingestellten Arbeitnehmer, also auch solche, mit denen eine Zweckbefristung
oder eine auflösende Bedingung vereinbart wurde.

3. Nach dem erkennbaren Willen der Tarifvertragsparteien soll die Regelung der
Nr. 2 Abs. 1 SR 2y BAT der Rechtssicherheit und der Rechtsklarheit dienen.
Dieser Normzweck erfordert es, daß der Arbeitgeber sich nicht auf Sachgründe
der Befristung berufen darf, die einer Befristungsgrundform zuzuordnen sind,
die im Arbeitsvertrag nicht vereinbart wurde. Für die Vereinbarung der
Befristungsgrundform ist weder die Schriftform noch eine bestimmte
Ausdrucksweise vorgeschrieben; vielmehr ist jeweils durch Auslegung des
Arbeitsvertrages zu ermitteln, welche Befristungsgrundform die Parteien
vereinbart haben (vgl. im einzelnen insbesondere BAG Urteile vom 20. Februar
1991 - 7 AZR 81/90 -, vom 8. April 1992 - 7 AZR 135/91 -, und vorn 25.
November 1992 - 7 AZR 191/92 - AP Nr. 137, 146 und 150 zu § 620 BGB
Befristeter Arbeitsvertrag, jeweils m.w.N.).

4. Das Landesarbeitsgericht hat den Arbeitsvertrag vorn 10. November 1995
dahin ausgelegt, daß die Parteien die Einstellung der Klägerin als
Zeitangestellte vereinbart haben. Diese Auslegung ist unabhängig davon, daß
sie als Auslegung individueller Vertragsklauseln nur einer eingeschränkten
Nachprüfung durch das Revisionsgericht unterliegt, insbesondere angesichts des
Schreibens des Beklagten an die Klägerin vom 10. November 1995 zutreffend. Vor
allem hat das Landesarbeitsgericht zu Recht darauf abgestellt, daß die
Klägerin nach den unangegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts
keine Kenntnis vom Vorliegen eines Vertretungsfalles hatte, so daß nicht
festgestellt werden könne, die Parteien hätten eine Einstellung der Klägerin
zur Vertretung gewollt.

5. Auf der Grundlage dieser Auslegung des Arbeitsvertrages hat das
Landesarbeitsgericht zu Recht nur das Vorliegen von sachlichen
Befristungsgründen geprüft, die der Grundform des Zeitangestellten zuzuordnen
sind. Das Vorliegen derartiger Befristungsgründe hat es zu Recht verneint,
zumal sich der Beklagte selbst nur auf den Sachgrund der Vertretung berufen
hat. Der Sachgrund der Vertretung ist unabhängig davon, ob eine Zeit- oder
eine Zweckbefristung vereinbart wurde, nicht der Befristungsgrundform des
Zeitangestellten, sondern der des Aushilfsangestellten im Sinne der Nr. 1 c SR
2y BAT zuzuordnen. Dies gilt auch für die in § 21 BErzGG geregelte Vertretung.
Da die unter § 21 BErzGG fallenden Befristungen auch nach den Maßstäben der
allgemeinen arbeitsrechtlichen Befristungskontrolle als sachliche
Befristungsgründe anerkannt sind (vgl. z.B. BAG Urteil vom 9. Juli 1997 -
7 AZR 806/96 - EzA § 21 BErzGG Nr. 2), hat § 21 BErzGG insoweit ohnehin nur
klarstellende Bedeutung.

6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.



                                Themengebiete
 - Arbeitsrecht
- Arbeitsverhältnis: Ruhen/Arten/Befristung
- Befristung
-  Aushilfsarbeitsverhältnis