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Update vom 23.06.2010:
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat den Grundsatz der Tarifeinheit "gekippt" - und das ist gut so.
BAG, Beschluss vom 23.06.2010
Tagesschau
Bei Tarifkonkurrenzen bleibt es natürlich beim Vorrang des sachnäheren Tarifvertrags.
Der aktuelle Beschluss des BAG betrifft nur Tarifpluralitäten.
Die nachfolgenden Ausführungen auf dieser Seite sind hiernach nicht mehr aktuell. |
Grundsatz der Tarifeinheit
oder: Einstweiliges zum Lokführer-Streik
bei der Deutschen Bahn AG
Was lange währt ...
... wurde in diesem Fall ein eigenständiger Tarifvertrag für die Lokführer.
Tarifabschluss vom 30.01.08
Grundsatz der Tarifeinheit ("Ein Betrieb, ein Tarifvertrag.")
Im Mittelpunkt der juristischen Debatte über die Zulässigkeit / Rechtmäßigkeit des Streik
einer Spartengewerkschaft steht der sog. Grundsatz der Tarifeinheit. Nach diesem Grundsatz
soll in jedem Betrieb nur ein Tarifvertrag Anwendung finden
("Ein Betrieb, ein Tarifvertrag.").
Spartentarifvertrag vs. Tarifeinheit
Ein wesentliches Ziel der Lokführer-Gewerkschaft GDL bestand im Abschluss des "eigenständigen" Tarifvertrages
für Lokführer (sog. Spartentarifvertrag). Bei der Deutschen Bahn AG
bestand aber bereits ein Tarifvertrag mit der Tarifgemeinschaft aus Transnet und GDBA (Tarifabschluss vom 09.07.07); dieser Tarifvertrag könnte Vorrang haben
und einem Spartentarifvertrag für Lokführer entgegenstehen.
Spartentarifverträge stehen regelmäßig im Konflikt zu dem Grundsatz der Tarifeinheit;
das Problem stellt sich keineswegs nur bei den Lokführern, sondern z.B. auch
bei den Spartentarifverträgen für Piloten, Fluglotsen und
Ärzte.
Tarifkonkurrenz / Tarifpluralität
Im Zusammenhang mit dem Grundsatz der Tarifeinheit wird unterschieden zwischen Tarifkonkurrenz und Tarifpluralität:
- vorab: Das Nebeneinander von Mantel- und Lohntarifvertrag ist kein Fall der Tarifkonkurrenz/Tarifpluralität.
Diese Tarifverträge widersprechen sich nicht, sondern sie ergänzen sich.
- Eine Tarifkonkurrenz liegt vor, wenn für ein Arbeitsverhältnis mehrere Tarifverträge
einschlägig sind, die sich gegenseitig widersprechen.
Beispiel: Im Arbeitsvertrag wird auf einen Tarifvertrag verwiesen und ein anderer Tarifvertrag, dessen Geltungsbereich
auf das Arbeitsverhältnis passt, wird für allgemeinverbindlich erklärt.
In diesen Fällen ist nach dem Spezialitätsprinzip
derjenige Tarifvertrag anzuwenden, der dem Betrieb nach seinem Geltungsbereich (betrieblich, räumlich, persönlich)
am nächsten steht; dies ist weitgehend unstreitig.
- Eine Tarifpluralität liegt vor, wenn für verschiedene Arbeitsverhältnisse (desselben Betriebs) mehrere
Tarifverträge einschlägig sind, die sich gegenseitig widersprechen.
Beispiel: Verbandstarifvertrag mit der Gewerkschaft A,
Firmentarifvertrag mit der Gewerkschaft B.
In diesen Fällen ist umstritten, ob auch hier (wie bei der Tarifkonkurrenz) nach dem
Grundsatz der Tarifeinheit nur der sachnähere Tarifvertrag oder beide Tarifverträge nebeneinander
(d.h. im Beispiel: für die Mitglieder der Gewerkschaft A der Verbandstarifvertrag und
für die Mitglieder der Gewerkschaft B der Firmentarifvertrag) anzuwenden sind.
Tarifeinheit bei Tarifpluralität?
Umstritten ist also (nur) die Frage, ob der Grundsatz der Tarifeinheit auch in Fällen der Tarifpluralität gelten soll.
Um eben diese Frage geht es bei einem Spartentarifvertrag für Lokführer.
siehe hierzu:
Bayreuther, Gutachten zum Ärzte-Streik (Marburger Bund)
--> pdf
Bayreuther, NZA 2007, 187
Thüsing / von Medem, ZIP 2007, 510
Das Bundesarbeitsgericht wollte im März 2007 zu dieser Frage grundlegend Stellung nehmen, war hieran aber gehindert,
weil sich die einschlägigen Verfahren anderweitig erledigt haben.
Bundesarbeitsgericht, Pressemitteilung vom 16.03.07
Richtigerweise wird man zwischen der gewillkürten (freiwilligen) und der gesetzlichen Tarifpluralität
differenzieren müssen. Hierzu Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 11. Auflage 2005, S.1957, § 203 Rdnr.66:
"Beruht die Tarifpluralität darauf, dass der Arbeitgeber mit mehreren Verbänden Tarifverträge abschließt
(gewillkürte Tarifpluralität), ist von mehreren nebeneinander bestehenden Tarifverträgen auszugehen,
weil andernfalls in die Tarifautonomie eingegriffen wird. Kommt es dagegen
aus gesetzlichen Gründen zur Tarifpluralität, ist weiterhin
von dem Grundsatz der Tarifeinheit auszugehen."
Wenn es der Lokführer-Gewerkschaft gelingen sollte, einen Spartentarifvertrag durchzusetzen, dann läge
eine gewillkürte Tarifpluralität vor. Nach dem vorgenannten Grundsatz wäre
dieser Tarifvertrag wirksam, er käme neben dem bestehenden Transnet/GDBA-Tarifvertrag zur Anwendung.
Auf den ersten Blick mag es aus Sicht der Deutschen Bahn AG zwar überraschend erscheinen, den Abschluss eines speziellen
Lokführer-Tarifvertrages als "gewillkürt / freiwillig" zu bezeichnen, nachdem sich die Deutsche Bahn AG
zunächst mit Händen und Füßen gegen einen solchen Tarifvertrag gewehrt hatte. Dies ändert
aber nichts daran, dass auch der Lokführer-Tarifvertrag ein Vertrag ist, also eine
"gewillkürt / freiwillig" eingegangene Vereinbarung.
Rechtslage unklar
Allerdings ist derzeit noch unklar, ob die Rechtsprechung (d.h. im Zweifel: das Bundesarbeitsgericht) tatsächlich zu dem
vorgenannten Ergebnis kommen würde, dass nämlich der Grundsatz der Tarifeinheit zumindest
bei gewillkürten Tarifpluralitäten nicht gilt.
Die Arbeitsgerichte in Düsseldorf, Chemnitz und Nürnberg (siehe hierzu im Einzelnen unten) haben den Lokführer-Streik auf Antrag der Deutschen Bahn AG
durch einstweilige Verfügungen verboten. Diese Gerichte gehen davon aus, dass der Streik
rechtswidrig wäre, wenn ein evtl. Lokführer-Tarifvertrag später verdrängt würde, also ohnehin
keine Chance auf Anwendung hätte. Dabei setzen die Arbeitsgerichte in Düsseldorf und
Chemnitz (Beschluss vom 06.08.07) die fehlende Anwendungschance eines evtl. Lokführer-Tarifvertrages
anscheinend voraus (umfassende Geltung des Grundsatzes der Tarifeinheit auch auf gewillkürte Tarifpluralitäten).
Anders das Arbeitsgericht Mainz (siehe hierzu unten). Das Arbeitsgericht Mainz
hat ein Verbot des Streiks schon deshalb abgelehnt, weil zum Zeitpunkt des Beschlusses (31.07.07)
die Urabstimmung noch nicht abgeschlossen war, die Gewerkschaft also noch gar nicht zum Streik
aufgerufen hatte. Das Arbeitsgericht Mainz verweist aber auch auf ein Urteil des Landesarbeitsgerichts
Rheinland-Pfalz vom 14.06.07 (siehe auch hierzu unten), in welchem zu der hier maßgeblichen
Rechtsfrage für den vergleichbaren Fall des Streiks einer Fluglotsen-Gewerkschaft genau entgegengesetzt
argumentiert wird: der Grundsatz der Tarifeinheit könne jedenfalls erst dann zur Anwendung kommen, wenn
in einem Betrieb mehrere Tarifverträge existieren; ein evtl. Tarifvorrang könne erst dann
überprüft werden, wenn diese Tarifverträge abgeschlossen sind.
Wieder anders die Arbeitsgerichte in Nürnberg und Chemnitz (Urteil vom 05.10.07):
Das Arbeitsgericht Nürnberg (Beschluss vom 08.08.07) lässt die Anwendungschance eines evtl. Lokführer-Tarifvertrages
im Ergebnis offen und wägt ab: die Folgen der "Zulassung" eines rechtswidrigen Streiks gegen die Folgen
des Verbots eines rechtmäßigen Streiks; aufgrund dieser Gesamtabwägung hat
das Arbeitsgericht Nürnberg den Streik "längstens bis zum 30.09.2007" verboten
(Beschluss vom 08.08.07). Der Grundfehler dieser Argumentation liegt jedoch darin, dass das Streikrecht
bereits im Grundgesetz garantiert ist, ein Streik also keiner gerichtlichen "Zulassung" bedarf.
Gerichte können einen Streik deshalb nur dann verbieten, wenn er tatsächlich rechtswidrig ist;
bloße Zweifel an der Rechtmäßigkeit können ein Streikverbot nicht rechtfertigen.
Mit etwas anderer Begründung das Arbeitsgericht Chemnitz (Urteil vom 05.10.07):
Ein Streik der Lokführer sei zwar nicht (offensichtlich) rechtswidrig und deshalb (grundsätzlich) zulässig;
"da zugleich aber dem auch im Arbeitskampfrecht geltenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
Rechnung getragen werden müsse, würden Streiks der GDL in den Betrieben untersagt, in welchen sie
einen unverhältnismäßigen Schaden zur Folge hätten" (Pressemitteilung des Arbeitsgerichts Chemnitz vom 05.10.07). Hierzu Schaub,
Arbeitsrechts-Handbuch, 11. Auflage 2005, S.1870, § 193 Rdnr.17: "Letztlich verbietet
das Übermaßverbot nur einen Arbeitskampf, der den Gegner wirtschaftlich vernichten soll."
Das Landesarbeitsgericht Chemnitz hat das Urteil des Arbeitsgerichts Chemnitz folgerichtig
aufgehoben mit Urteil vom 02.11.07 (7 SaGa 19/07).
Einstweiliges zum Lokführer-Streik
- Landesarbeitsgericht Chemnitz, Urteil vom 02.11.07, 7 SaGa 19/07
(Urteil des Arbeitsgerichts Chemnitz vom 05.10.07 aufgehoben)
--> Tagesschau
--> Infos zum Urteil
- Arbeitsgericht Chemnitz, Urteil vom 05.10.07, 7 Ga 26/07 (AuR 2007, 393)
(bundesweites Streikverbot für Güter- und Personenfernverkehr)
--> Urteil im Wortlaut (pdf)
--> Pressemitteilung
--> Tagesschau
--> Welt Online
--> Stellungnahme DGB
- Arbeitsgericht Nürnberg, Beschluss vom 08.08.07, 13 Ga 65/07
(bundesweites Streikverbot für Güter- und Personenfernverkehr bis 30.09.07)
--> Beschluss im Wortlaut (pdf)
--> Stellungnahme Gewerkschaften,
DGB,
IG Metall
--> Vergleich vom 10.08.07
- Arbeitsgericht Chemnitz, Beschluss vom 06.08.07
(Streikverbot für Regionalverkehr in Sachsen)
--> SZ-Online
- Arbeitsgericht Düsseldorf, Beschluss vom 01.08.07, 11 Ga 64/07
(Streikverbot für Regionalverkehr in NRW)
--> Pressemitteilung vom 01.08.07
- Arbeitsgericht Mainz, Beschluss vom 31.07.07, 4 Ga 24/07
(Streikverbot abgelehnt)
--> Beschluss im Wortlaut (pdf)
--> Pressemeldung vom 09.08.07
--> Entscheidungen des Arbeitsgerichts Mainz zum Lokführer-Streik
--> Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (Mainz), Urteil vom 14.06.07, 11 Sa 208/07
- Übersichten / Zusammenfassungen
--> Arbeit und Arbeitsrecht
--> Otto Schmidt Verlag
--> Tagesschau (Interview Prof. Lobinger)
--> Tagesschau (Interview Prof. Picker)
- siehe auch
--> Gewerkschaft der Lokführer (GDL)
--> Deutsche Bahn: Streik-News
--> neue Entgeltstruktur: Eckpunkte vom 29.11.07 (Transnet, GDBA, ohne GDL)
--> Tarifabschluss Deutsche Bahn vom 09.07.07 (Transnet, GDBA, ohne GDL)
--> Stellungnahme GDBA / Transnet
--> Stellungnahme Arbeitgeberverband
--> Infos zur Bahn-Privatisierung
gerichtliche Entscheidungen zum Grundsatz der Tarifeinheit (bei Tarifpluralität)
- Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (Mainz), Urteil vom 14.06.07, 11 Sa 208/07
(Fluglotsen, Streikverbot abgelehnt)
"... ist jedoch entscheidend, dass die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Anwendung des Grundsatzes
der Tarifeinheit auf die Fälle der Tarifpluralität lediglich das Verhältnis mehrerer
kollidierender Tarifverträge zueinander regelt. Diese Kollisionsregelungen enthalten aber keine Aussage darüber,
ob Streiks zur Erzwingung von Tarifverträgen zulässig sind (...). Das Bundesarbeitsgericht
hat selbst in seiner Entscheidung
vom 14.12.2004 darauf hingewiesen, dass der Grundsatz der Tarifeinheit gerade Tarifpluralität,
also den Abschluss mehrerer Tarifverträge über denselben Regelungsgegenstand voraussetze.
Würde jedes Mal, wenn der Arbeitgeber nicht freiwillig zu Tarifverhandlungen
mit einer Gewerkschaft bereit ist, bereits bei der Frage
der Zulässigkeit/Verhältnismäßigkeit eines Streiks auf einen Tarifvertrag abgestellt,
über den noch inhaltlich verhandelt werden muss und dessen abschließender Inhalt noch gar nicht feststeht,
würde eine nicht zu rechtfertigende Vorverlagerung der Prüfung des Tarifvorrangs stattfinden.
(...)
Der Kernbereich des Instituts der Tarifvertragsfreiheit wird verletzt, wenn einer Gewerkschaft,
der eine Tariffähigkeit zukommt, durch Vorverlagerung einer (gerichtlichen) Überprüfung
eines Tarifvorrangs eines bereits existierenden Tarifvertrages innerhalb der Rechtmäßigkeitsprüfung eines
angekündigten Streiks, die formelle Kompetenz, überhaupt Tarifnormen zu setzen,
genommen wird. Das Landesarbeitsgericht Hessen weist in seiner Entscheidung vom 02.05.2003
(Az: 9 SaGa 638/03) zu Recht darauf hin, dass die Vorverlagerung des Grundsatzes
der Tarifeinheit in die Zeit vor Abschluss eines notfalls erstreikten Tarifvertrages im Lichte
des Artikel 9 Abs.3 GG nicht geeignet sei, die Existenzgrundlage einer Gewerkschaft
über Verhältnismäßigkeitserwägungen in Frage zu stellen.
Bereits die Möglichkeit, dass der bei Anwendung des Grundsatzes der Tarifeinheit zunächst
verdrängte Tarifvertrag wieder zur Geltung kommen kann, wenn der zunächst vorrangige Tarifvertrag
später wegfällt, zeigt, dass die Verhinderung eines Tarifabschlusses durch eine gerichtliche
Untersagung von Streikmaßnahmen, also die Verhinderung seiner Existenz, einen Eingriff
in die Tarifautonomie darstellt.
(...)
Die grundsätzliche Frage der Anwendbarkeit der Grundsätze der Tarifeinheit auf die Fälle
der Tarifpluralität kann daher dahingestellt bleiben, ebenso ihre praktische Durchführbarkeit.
In diesem Zusammenhang kann auch auf das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 30.06.2006, 1 Ga 11b/06,
welches auf die Situation an öffentlichen Theatern hinweist, verwiesen werden." |
- Landesarbeitsgericht Köln, Beschluss vom 12.12.05, 2 Ta 457/05,
NZA 2006, 62
(Ärzte, Streikverbot wegen Friedenspflicht)
"Auch die Frage, ob eine Tarifpluralität in dem Sinne zulässig
wäre, dass Arbeitnehmer mit einer Spezialfunktion einem anderen Tarifvertrag
unterliegen als die Mehrheit der anderen Arbeitnehmer ist zwischenzeitlich
durch das Bundesarbeitsgericht geklärt. Der Beschluss vom 14.12.2004, 1 ABR 51/03,
besagt ausdrücklich, dass Tarifverträge mit einem spezielleren Inhalt neben Grundverträgen
in ein und demselben Betrieb zur Anwendung gelangen können (...). Der speziellere Inhalt
kann sich dabei auch daraus ergeben, dass ein spezieller Teil der Belegschaft besonders behandelt wird.
Deshalb kann es auch Ziel einer Arbeitnehmervereinigung sein, für einen besonders hoch spezialisierten
herausgehobenen Bestandteil der Arbeitnehmerschaft gesonderte Tarifverträge abzuschließen. Voraussetzung
zur Durchsetzung dieses Zieles durch einen Streik ist jedoch, dass diese Arbeitnehmerschaft
zum Streikzeitpunkt nicht einer Friedenspflicht unterliegt." |
- Arbeitsgericht Kiel, Urteil vom 30.06.06, 1 Ga 11b/06
ArbuR 2006, 373; ZTR 2006, 488
(Ärzte, Streikverbot abgelehnt)
"Unter Tarifeinheit versteht man zunächst lediglich ein Prinzip
zur Klärung der Frage, welcher Tarifvertrag Anwendung findet, wenn für
ein Vertragsverhältnis kollektivrechtlich zwei Tarifverträge gelten. In diesen Fällen
soll nach dem Grundsatz der Tarifeinheit zur Vermeidung gleichzeitiger Anwendung konkurrierender
Tarifverträge nach dem Grundsatz der Spezialität dem sachnäheren Tarifvertrag
der Vorzug gegeben werden (...). Das BAG wendet diesen Grundsatz auch dann an, wenn lediglich
ein Tarifvertrag kollektivrechtlich gilt und der weitere nur den Arbeitgeber kollektivrechtlich bindet
(sogenannte Tarifpluralität). Zur Begründung wird auf die übergeordneten Prinzipien
der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit abgestellt. Weiter argumentiert das BAG mit den
praktischen Problemen (...). Das BAG hat bislang, jedenfalls nach Kenntnis des Gerichtes,
den Grundsatz der Tarifeinheit lediglich in Zusammenhang mit der Frage 'Welcher Tarifvertrag
findet Anwendung?' angewandt. Insbesondere hat es die Übertragung dieser Konstruktion
zur Definition des Gewerkschaftsbegriffes abgelehnt (vgl. BAG, Beschluss vom 14.12.2004, 1 ABR 51/03, NZA 2005,697).
Hauptargument dabei ist, dass der Grundsatz der Tarifeinheit gerade zur Konkurrenz
verschiedener Tarifverträge entwickelt worden ist. Dies setzt voraus, dass eine Spartengewerkschaft
grundsätzlich zulässig sein muss, um entsprechende Tarifverträge überhaupt erst einmal
abzuschließen.
Eine Übertragung der Grundsätze zur Ordnung der Arbeitskampfrechte kommt aus Sicht des Gerichtes
nicht in Frage (...)." |
- Landesarbeitsgericht Hessen (Frankfurt), Urteile vom 02.05.03, 9 SaGa 636-638/03
NZA 2003, 679; BB 2003, 1229
(Lokführer 2003, Streikverbot abgelehnt)
- Bundesarbeitsgericht (BAG), Beschluss vom 14.12.04, 1 ABR 51/03
NZA 2005, 697; BB 2005, 1054; DB 2005, 1117; ZTR 2005, 317
- Bundesarbeitsgericht (BAG), Urteil vom 04.12.02, 10 AZR 113/02
NZA 2003, 632; DB 2003, 1067
- Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 12.11.99, 3 Sa 780/99
Rechtsanwalt Arne Maier, Am Kronenhof 2, 73728 Esslingen
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