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aus den Entscheidungsgründen: |
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"Einzelvertragliche Abreden, wonach vom Arbeitgeber aufgewendete
Fortbildungskosten vom Arbeitnehmer zurückzuzahlen sind, wenn dieser
das Arbeitsverhältnis vor Ablauf einer bestimmten Frist beendet,
sind grundsätzlich zulässig
(BAG, Urteil vom 16.03.1994;
BAG, Urteil vom 06.05.1998; BAG, Urteil vom 25.04.2001).
Ausnahmsweise können derartige Zahlungsverpflichtungen wegen Verstoßes
gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) unter dem Gesichtspunkt
einer übermäßigen Beeinträchtigung der arbeitsplatzbezogenen
Berufswahlfreiheit des Arbeitnehmers (Art.12 Abs.1 Satz 1 GG) unwirksam sein.
Daher muss eine Rückzahlungsverpflichtung bei verständiger Betrachtung
einem billigenswerten Interesse des Arbeitgebers entsprechen. Andererseits muss
der Arbeitnehmer mit der Fortbildungsmaßnahme eine angemessene
Gegenleistung für die Rückzahlungsverpflichtung erhalten haben.
Insgesamt muss dem Arbeitnehmer die Erstattungspflicht zuzumuten sein.
Die für den Arbeitnehmer tragbaren Bindungen sind auf Grund
einer Güter- und Interessenabwägung nach Maßgabe
des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes unter Heranziehung
aller Umstände des Einzelfalles zu ermitteln
(BAG, Urteil vom 25.04.2001).
Das Interesse des Arbeitgebers, der seinem Arbeitnehmer eine Fortbildung finanziert,
geht dahin, die vom Arbeitnehmer erworbene Qualifikation möglichst
langfristig für den Betrieb nutzen zu können.
Es gestattet dem Arbeitgeber grundsätzlich, als Ausgleich
für seine finanziellen Aufwendungen von dem sich abkehrenden
Arbeitnehmer die Kosten der Fortbildung ganz oder abhängig
von der Verweildauer im Betrieb anteilig zurückzuverlangen
(BAG, Urteil vom 06.05.1998).
Die berechtigten Belange des Arbeitgebers sind gegen das Interesse
des Arbeitnehmers abzuwägen, seinen Arbeitsplatz ohne Belastung
mit Kosten frei wählen zu können. Die Abwägung
hat sich insbesondere daran zu orientieren, ob und inwieweit
der Arbeitnehmer mit der Fortbildung einen geldwerten Vorteil erlangt
(BAG, Urteil vom 16.03.1994;
BAG, Urteil vom 21.11.2001). Eine Kostenbeteiligung ist ihm
umso eher zuzumuten, je größer der mit der Fortbildung
verbundene berufliche Vorteil ist. (...)
Auch bei beruflichen Vorteilen für den Arbeitnehmer müssen Fortbildungs- und
Bindungsdauer in einem angemessenen Verhältnis stehen. Die Höhe der
Arbeitgeberaufwendungen und die Qualität der erworbenen Qualifikation hängen
regelmäßig von der Dauer der Fortbildung ab
(BAG, Urteil vom 21.11.2001).
Obwohl gerade die Dauer der Fortbildung ein starkes Indiz
für die Qualität der erworbenen Qualifikation ist,
kann im Einzelfall auch bei kürzerer Fortbildung eine
verhältnismäßig lange Bindung gerechtfertigt sein, wenn der Arbeitgeber
ganz erhebliche Mittel aufwendet oder die Teilnahme an der Fortbildung
dem Arbeitnehmer überdurchschnittlich große Vorteile bringt
(BAG, Urteil vom 15.12.1993).
Die Bemessung der Bindungsfrist nach der Dauer der jeweiligen Bildungsmaßnahme
beruht danach nicht auf rechnerischen Gesetzmäßigkeiten, sondern auf
richterrechtlich entwickelten Regelwerten, die einzelfallbezogenen Abweichungen
zugänglich sind (BAG, Urteil vom 06.09.1995).
So hat der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts angenommen,
dass bei einer Fortbildungsdauer bis zu 2 Monaten ohne Verpflichtung
zur Arbeitsleistung im Regelfall höchstens eine einjährige Bindung vereinbart
werden kann (BAG, Urteil vom 15.12.1993).
Dieser Richtwert wird Rückzahlungsvereinbarungen, denen weitaus kürzere
Fortbildungsmßnahmen zugrunde liegen, nicht gerecht. Der Grundsatz
der Verhältnismäßigkeit wie der Rechtssicherheit erfordert eine weitere
Abstufung. Eine Fortbildung, die nicht länger als 1 Monat dauert,
rechtfertigt regelmäßig nur eine Bindung des Arbeitnehmers
bis zu 6 Monaten.
(...)
Einzelvertragliche Rückzahlungsklauseln, die den Arbeitnehmer unzulässig lange binden,
sind in entsprechender Anwendung von § 139 BGB
auf die zulässige Bindungsdauer zu reduzieren und aufrechtzuerhalten
(BAG, Urteil vom 15.05.1985;
BAG, Urteil vom 16.03.1994).
Die geltungserhaltende Reduktion muss nach den Umständen
des Einzelfalls dem mutmaßlichen Parteiwillen entsprechen.
Maßgebend ist, welche Frist die Parteien bei Kenntnis
der Unzulässigkeit der vereinbarten Bindungsdauer nach Treu und Glauben
(§ 242 BGB) und unter Berücksichtigung
der Verkehrssitte verabredet hätten. In der Regel ist davon
auszugehen, dass sie die längste, gerade noch zulässige Frist
gewählt hätten." |
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