www.rechtsrat.ws

Schrottimmobilien
Haustürwiderruf
Zurechnung der Haustürsituation


Bundesgerichtshof (BGH)
Urteil vom 12.12.05
(II ZR 327/04)
NJW 2006, 497
ZIP 2006, 221
WM 2006, 220
VuR 2006, 98


externe Links:
 
Wir wissen nicht, ob die dortigen Inhalte richtig und aktuell sind.

  
Leitsatz:
  Nach richtlinienkonformer Auslegung des § 1 HaustürWG muss ein Vertragspartner, der nicht selbst die Vertragsverhandlungen führt, von der in der Person des Verhandlungsführers bestehenden Haustürsituation keine Kenntnis haben. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob den Vertragspartner an seiner Unkenntnis ein Verschulden trifft. Vielmehr ist § 1 HaustürWG immer dann anwendbar, wenn objektiv eine Haustürsituation bestanden hat (Änderung der bisherigen Rechtsprechung im Anschluss an EuGH, Urteil vom 25.10.05, Rs. C-229/04).
 
 
  
   aus den Entscheidungsgründen:   
  zur Ursächlichkeit der Haustürsituation:
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts sind die Beklagten durch den Hausbesuch des Vermittlers (...) zu dem Abschluss der beiden Darlehensverträge (...) bestimmt worden i.S.d. § 1 Abs. 1 HaustürWG.
Ein derartiger Zusammenhang ist schon dann anzunehmen, wenn die Haustürsituation für den späteren Vertragsschluss mitursächlich geworden ist. Ein enger zeitlicher Zusammenhang ist nicht erforderlich. Es genügt, dass der später geschlossene Vertrag ohne die Haustürsituation nicht oder nicht so wie geschehen zustande gekommen wäre (BGHZ 131,385,392). Das ist hier anzunehmen. Nach der Feststellung des Berufungsgerichts war die Tätigkeit des Vermittlers ursächlich für den Abschluss der Darlehensverträge.

zur Zurechnung der Haustürsituation:
Allerdings hat der Bundesgerichtshof angenommen, dass ein Kreditvertrag nicht immer schon dann widerrufen werden kann, wenn in der Person des Anlagevermittlers, der für die Anlagegesellschaft und zugleich für die Bank tätig wird, eine Haustürsituation vorgelegen hat. Vielmehr wurde nach der bisherigen Rechtsprechung die Haustürsituation der Bank nur dann zugerechnet, wenn die Voraussetzungen erfüllt waren, die für die Zurechnung einer arglistigen Täuschung nach § 123 Abs. 2 BGB entwickelt worden sind. War danach der Verhandlungsführer - wie hier - als Dritter anzusehen, so war sein Handeln der Bank nur dann zuzurechnen, wenn sie es kannte oder kennen musste. Für eine fahrlässige Unkenntnis in diesem Sinne genügte, dass die Umstände des Falles die Bank veranlassen mussten, sich zu erkundigen, auf welchen Umständen die ihr übermittelte Willenserklärung beruhte (...).
An dieser Auffassung hält der Senat - nach Rückfrage bei dem XI. Zivilsenat, der insoweit keine Einwände hat - nicht mehr fest. Mit dem Haustürwiderrufsgesetz hat der deutsche Gesetzgeber die Richtlinie 85/577/EWG (...) in nationales Recht umgesetzt. Nach der bindenden Auslegung des europäischen Rechts durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (Urteil vom 25.10.05, Rs. C-229/04) ist das Haustürwiderrufsgesetz richtlinienkonform dahin auszulegen, dass die Haustürsituation der Bank bereits dann zuzurechnen ist, wenn sie objektiv vorgelegen hat, und die Heranziehung der in Anlehnung an § 123 Abs. 2 BGB entwickelten Grundsätze ausscheidet. Eine solche richtlinienkonforme Auslegung lässt das nationale Recht zu. Danach muss ein Vertragspartner, der nicht selbst die Vertragsverhandlungen führt, - anders als das bisher in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gesehen worden ist - von der in der Person des Verhandlungsführers bestehenden Haustürsituation keine Kenntnis haben. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob den Vertragspartner an seiner Unkenntnis ein Verschulden trifft. Vielmehr ist § 1 HaustürWG immer dann anwendbar, wenn objektiv eine Haustürsituation bestanden hat.

zur Widerrufsbelehrung nach VerbrKrG:
Nach § 2 Abs. 1 Satz 3 HaustürWG darf die Belehrung keine anderen Erklärungen enthalten, insbesondere nicht die Einschränkung wie in § 7 Abs. 3 VerbrKrG, dass der Widerruf als nicht erfolgt gilt, wenn das Darlehen nicht binnen zwei Wochen zurückgezahlt wird (...). Genau diese Einschränkung enthält aber der Text in den Formularen der Klägerin.
 

siehe aber jetzt: BGH (XI.Zivilsenat), Urteil vom 10.06.08
 "Wird ein Verbraucher von seinem langjährigen Steuerberater in einer Haustürsituation zum Fondsbeitritt geworben, so ist diese der kreditgewährenden Bank nicht zuzurechnen, wenn zwischen ihr und dem Vermittler kein 'Näheverhältnis' bestand." 

weitere Infos: