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Schrottimmobilien
kreditfinanzierte Beteiligung an Immobilienfonds

Bundesgerichtshof (BGH)
Urteile vom 25.04.06

 
XI ZR 193/04
BGHZ 167, 252
NJW 2006, 1788
WM 2006, 1003
ZIP 2006, 940
EWiR 2006, 445
XI ZR 219/04
NJW 2006, 1957
WM 2006, 1060
ZIP 2006, 1088
XI ZR 29/05
BGHZ 167, 223
NJW 2006, 1952
WM 2006, 1008
ZIP 2006, 987
EWiR 2006, 351
XI ZR 106/05
BGHZ 167, 239
NJW 2006, 1955
WM 2006, 1066
ZIP 2006, 1084

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   Pressemitteilung des BGH:   
 

Meinungsverschiedenheiten zwischen dem II. und XI.Zivilsenat
des Bundesgerichtshofs in Fällen kreditfinanzierten Erwerbs
von Anteilen an geschlossenen Immobilienfonds beigelegt


Der für das Bank- und Börsenrecht zuständige XI.Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte über verschiedene Klagen zu entscheiden, in denen es um kreditfinanzierte Beteiligungen von Verbrauchern an geschlossenen Immobilienfonds ging. Die Fonds waren in der Rechtsform von Gesellschaften bürgerlichen Rechts gegründet worden. Geschäftsgegenstand war die Errichtung und Vermietung von Gebäuden. Die Anleger waren jeweils von Vermittlern geworben worden, sich zu Steuersparzwecken an den Fonds zu beteiligen. Der Beitritt sollte über Bankkredite finanziert werden.

In zwei Fällen erfolgten der Fondsbeitritt und die Aufnahme der Finanzierungskredite, die durch Grundschulden an Grundstücken des Fonds gesichert waren, durch Treuhänder, denen die Anleger umfassende notarielle Vollmachten erteilt hatten. Außerdem hatten sie die Treuhänder zusätzlich in einem von ihnen selbst unterzeichneten Zeichnungsschein beauftragt, den Beitritt zu dem Immobilienfonds zu bewirken und die erforderlichen Finanzierungskredite aufzunehmen. Die Treuhänder verfügten nicht über eine Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz, soweit diese erforderlich war.

In zwei Fällen wurden die Darlehensverträge durch die Anleger selbst abgeschlossen. Bei diesen Darlehen handelte es sich nicht um durch Grundschulden gesicherte Kredite. Nur in einem Fall erfolgte der Abschluss durch den Anleger in einer Haustürsituation.

In den zur Entscheidung stehenden Fällen haben sich Rechtsfragen gestellt, die der XI.Zivilsenat des Bundesgerichtshofs aus seiner Zuständigkeit für das Darlehens- und Verbraucherkreditrecht und der II.Zivilsenat als der für das Gesellschaftsrecht zuständige Senat des Bundesgerichtshofs in der Vergangenheit unterschiedlich gesehen haben. Beide Senate haben die dadurch hervorgerufenen Differenzen und Lösungsmöglichkeiten miteinander eingehend erörtert. Dabei hat sich erwiesen, dass die spezifisch gesellschaftsrechtlichen Fragen, die nach Meinung beider Senate in der Vergangenheit zu der Befassung des II.Zivilsenats mit Fällen der kreditfinanzierten Fondsbeteiligungen geführt haben, zwischenzeitlich geklärt worden sind (BGHZ 156,46) und nunmehr - auch in den heute entschiedenen Fällen - die die Primärzuständigkeit des XI.Zivilsenats begründenden darlehens- und verbraucherkreditrechtlichen Probleme im Vordergrund stehen. Den hierzu von dem XI.Zivilsenat entwickelten Lösungen widerspricht der II.Zivilsenat vor allem im Hinblick auf die Ausführungen des XI.Zivilsenats in dem Rechtsstreit XI ZR 106/05 (unter IV 3.-5.), die die mögliche Haftung der Bank für bestimmte Fallkonstellationen betreffen, nicht.

Dementsprechend werden die in den heute entschiedenen Fällen aufgetretenen einschlägigen Fragen von dem XI.Zivilsenat wie folgt beantwortet:

1. Der Erwerb eines Immobilienfondsanteils und das Darlehen, das zur Finanzierung dieses Erwerbes dient und nicht von der Sicherung durch ein Grundpfandrecht abhängig ist, sind ein verbundenes Geschäft i.S.v. § 9 Abs.1 VerbrKrG, wenn zwischen beiden Verträgen eine wirtschaftliche Einheit besteht. Eine wirtschaftliche Einheit wird unwiderleglich vermutet, wenn der Kreditvertrag nicht aufgrund eigener Initiative des Kreditnehmers zustande kommt, der von sich aus die Bank um Finanzierung seines Anlagegeschäfts ersucht, sondern deshalb, weil der Vertriebsbeauftragte des Anlagevertreibers dem Interessenten zugleich mit den Anlageunterlagen einen Kreditantrag des Finanzierungsinstituts vorgelegt hat, das sich zuvor dem Anlagevertreiber gegenüber zur Finanzierung bereit erklärt hatte (Bestätigung von BGHZ 156,46, II.Zivilsenat und Senatsurteil vom 23.09.2003, XI ZR 135/02, WM 2003,2232).

Ist ein Darlehensnehmer durch falsche Angaben zum Erwerb einer Fondsbeteiligung bewogen worden, kann er bei Vorliegen eines verbundenen Geschäfts i.S.v. § 9 Abs.1 VerbrKrG auch der die Fondsbeteiligung finanzierenden Bank seine Ansprüche gegen die Fondsgesellschaft entgegenhalten und gemäß § 9 Abs.3 VerbrKrG die Rückzahlung des Kredits verweigern, soweit ihm gegen die Fondsgesellschaft ein Abfindungsanspruch zusteht (Bestätigung von BGHZ 156,46, II.Zivilsenat und Senatsurteil vom 23.09.2003, XI ZR 135/02, WM 2003,2232).

Darüber hinaus kann er den mit dem Anlagevertrag gemäß § 9 Abs.1 VerbrKrG verbundenen Darlehensvertrag nach § 123 BGB anfechten, wenn die Täuschung auch für dessen Abschluss kausal war. Den daneben bestehenden Anspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss gegen den Vermittler kann der Darlehensnehmer ebenfalls gegen die kreditgebende Bank geltend machen, da der Vermittler bei einem verbundenen Geschäft nicht Dritter i.S.v. § 123 Abs.2 BGB ist.

Dagegen kann er Ansprüche gegen Gründungsgesellschafter, Fondsinitiatoren, maßgebliche Betreiber, Manager und Prospektherausgeber dem Rückzahlungsverlangen der Bank nicht gemäß § 9 Abs.3 VerbrKrG entgegensetzen (Abweichung von BGHZ 159,280; 159,294, II.Zivilsenat).

Wird ein Darlehensvertrag nach § 1 Abs.1 HWiG widerrufen und bildet er mit dem finanzierten Fondsbeitritt ein verbundenes Geschäft i.S.v. § 9 Abs.1 VerbrKrG, erfordert der Zweck der gesetzlichen Widerrufsregelung, dass dem Darlehensgeber nach Widerruf kein Zahlungsanspruch gegen den Darlehensnehmer zusteht. Die Rückabwicklung hat in diesem Falle unmittelbar zwischen dem Kreditgeber und dem Partner des finanzierten Geschäfts zu erfolgen (Bestätigung von BGHZ 133,254, XI.Zivilsenat). Der Kreditnehmer kann die von ihm selbst auf das Darlehen gezahlten Beträge vom Kreditgeber zurückverlangen, nicht aber die ihm zugeflossenen Fondsausschüttungen.

2. Die Annahme eines verbundenen Geschäfts i.S.d. § 9 Abs.1 VerbrKrG scheidet aus, wenn es sich bei dem Darlehensvertrag um einen Realkreditvertrag i.S.d. § 3 Abs.2 Nr.2 VerbrKrG handelt. Ein solcher liegt auch dann vor, wenn nicht der Erwerber, sondern der Fonds das Grundpfandrecht bestellt hat (Abweichung von BGHZ 159,294, II.Zivilsenat; Fortsetzung von BGHZ 161,15, XI.Zivilsenat).

3. Für den Empfang eines Darlehens i.S.d. § 6 Abs.2 Satz 1 VerbrKrG ist es unerheblich, ob ein verbundenes Geschäft vorliegt. Daher wird auch in Fällen, in denen Darlehensvertrag und Fondsbeitritt ein verbundenes Geschäft gemäß § 9 Abs.1 VerbrKrG darstellen, ein wegen fehlender Gesamtbetragsangabe nichtiger Darlehensvertrag gemäß § 6 Abs.2 Satz 1 VerbrKrG gültig, wenn dem Kreditnehmer die Darlehensvaluta nicht direkt zugeflossen, sondern vertragsgemäß unmittelbar an einen Treuhänder zum Erwerb des Fondsanteils ausgezahlt worden ist (Abweichung von BGHZ 159,294, II.Zivilsenat).

Auch für die Frage, ob in den Fällen nichtiger Vollmacht des gegen das Rechtsberatungsgesetz verstoßenden Treuhänders zugunsten der kreditgebenden Bank eine Rechtsscheinhaftung nach §§ 171,172 BGB eingreift, kommt es nicht darauf an, ob Kreditvertrag und Fondsbeitritt ein verbundenes Geschäft i.S.d. § 9 Abs.1 VerbrKrG sind (Abweichung von BGHZ 159,294, II.Zivilsenat; Fortsetzung von BGHZ 161,15, XI.Zivilsenat).

4. Sofern die dem Treuhänder erteilte umfassende Vollmacht wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz unwirksam ist, kann der Treuhänder zum Abschluss des Darlehensvertrages für den Anleger gleichwohl befugt sein, wenn ihm in einem Zeichnungsschein gesondert Vollmacht erteilt ist und dieser Zeichnungsschein der Bank vorgelegt worden ist.

Die Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 25.10.2005 (NJW 2005,3551, Schulte und NJW 2005,3555, Crailsheimer Volksbank) zu den Folgen einer unterbliebenen Widerrufsbelehrung nach der Haustürgeschäfterichtlinie waren für die ergangenen Urteile nicht von Bedeutung, weil es sich in drei Fällen nicht um Haustürgeschäfte gehandelt hat und weil der Anleger im vierten Fall bereits nach der Securenta-Rechtsprechung des XI. Zivilsenats (BGHZ 133,254) vor den Risiken eines kreditfinanzierten verbundenen Geschäfts geschützt wird.
 
 
  
-->  Volltext (pdf) XI ZR 193/04
BGHZ 167, 252
NJW 2006, 1788
WM 2006, 1003
ZIP 2006, 940
-->  Volltext (html)
1.  Wenn der nach § 1 Abs.1 HWiG widerrufene Darlehensvertrag und der finanzierte Fondsbeitritt ein verbundenes Geschäft i.S.v. § 9 Abs.1 VerbrKrG bilden, erfordert der Zweck der gesetzlichen Widerrufsregelung, dass dem Darlehensgeber nach Widerruf kein Zahlungsanspruch gegen den Darlehensnehmer zusteht. Die Rückabwicklung hat in diesem Falle unmittelbar zwischen dem Kreditgeber und dem Partner des finanzierten Geschäfts zu erfolgen (Bestätigung von BGHZ 133,254).
2.  Eine wirtschaftliche Einheit i.S.v. § 9 Abs.1 Satz 2 VerbrKrG wird unwiderleglich vermutet, wenn der Kreditvertrag nicht aufgrund eigener Initiative des Kreditnehmers zustande kommt, der von sich aus die Bank um Finanzierung seines Anlagegeschäfts ersucht, sondern deshalb, weil der Vertriebsbeauftragte des Anlagevertreibers dem Interessenten zugleich mit den Anlageunterlagen einen Kreditantrag des Finanzierungsinstituts vorgelegt hat, das sich zuvor dem Anlagevertreiber gegenüber zur Finanzierung bereit erklärt hatte (Bestätigung von BGHZ 156,46 und Senatsurteil vom 23.09.2003, XI ZR 135/02).
3.  Auch bei notarieller Beurkundung des finanzierten Geschäfts kann aufgrund der Verbundenheit der beiden Verträge eine Befreiung des Kreditnehmers von der Pflicht zur Darlehensrückzahlung nach § 3 HWiG geboten sein.
4.  Der Kreditnehmer kann nur die von ihm selbst auf das Darlehen gezahlten Beträge vom Kreditgeber zurückverlangen, nicht aber die ihm zugeflossenen Fondsausschüttungen.
5.  Ein wegen fehlender Gesamtbetragsangabe nichtiger Darlehensvertrag wird gemäß § 6 Abs.2 Satz 1 VerbrKrG gültig, wenn dem Kreditnehmer die Darlehensvaluta nicht direkt zugeflossen, sondern vertragsgemäß unmittelbar an einen Treuhänder zwecks Erwerbs eines Fondsanteils ausgezahlt worden ist. Das gilt auch dann, wenn Darlehensvertrag und Fondsbeitritt ein verbundenes Geschäft gemäß § 9 Abs.1 VerbrKrG darstellen (Abweichung von BGHZ 159,294, BGH, Urteile vom 14.06.2004, II ZR 407/02 und vom 21.03.2005, II ZR 411/02).
 Anmerkung, insbesondere zum 1. Leitsatz:

Im dortigen Fall handelte es sich nicht um einen Realkredit, sondern um einen sog. Personalkredit; dies dürfte in den Schrottimmobilien-Fällen eher die Ausnahme sein.
Beim Realkredit wird der Bank ein Grundpfandrecht an dem Grundstück bestellt (Grundschuld oder Hypothek); dies dürfte in den Schrottimmobilien-Fällen eher der Normalfall sein.

Nach bisheriger Rechtsprechung des XI. Zivilsenats beim BGH soll bei Realkrediten grundsätzlich kein verbundenes Geschäft vorliegen. Der XI. Zivilsenat verweist hierfür auf § 3 Abs.2 Nr.2 VerbrKrG. Dies ist sowohl in der Begründung wie auch im Ergebnis sehr umstritten.

Es bleibt abzuwarten, ob der XI. Zivilsenat nach den Urteilen des EuGH vom 25.10.05 auch in Haustürfällen an dieser Rechtsprechung festhalten wird.
-->  hierzu: BGH, Verfahren XI ZR 400/03 u.a.
 
 
 
 
  
-->  Volltext (pdf) XI ZR 219/04
NJW 2006, 1957
WM 2006, 1060
ZIP 2006, 1088
-->  Volltext (html)
1.  Ein Realkreditvertrag i.S.d. § 3 Abs.2 Nr.2 VerbrKrG liegt bei einer kreditfinanzierten Immobilienfondsbeteiligung ebenso wie bei einem finanzierten Grundstücksgeschäft auch dann vor, wenn der Erwerber ein Grundpfandrecht nicht selbst bestellt, sondern ein bestehendes (teilweise) übernimmt (Abweichung von BGHZ 159,294,307f; Fortsetzung von BGHZ 161,15,26f).
2.  Die Anwendung der §§ 171,172 BGB zugunsten der kreditgebenden Bank wird bei einer kreditfinanzierten Immobilienfondsbeteiligung ebenso wie bei einem finanzierten Grundstücksgeschäft auch in den Fällen nichtiger Vollmacht des gegen das Rechtsberatungsgesetz verstoßenden Treuhänders durch die Regeln über das verbundene Geschäft i.S.d. § 9 VerbrKrG nicht ausgeschlossen oder eingeschränkt (Abweichung von BGHZ 159,294,300ff; Fortsetzung von BGHZ 161,15,24ff).
3.  Für die Anwendung des § 172 BGB ist ausreichend, dass die dem Vertreter ausgehändigte Vollmachtsurkunde dem Vertragspartner vorgelegt wird. Es kommt nicht darauf an, ob diesen der Rechtsschein des Urkundenbesitzes zum Geschäftsabschluss veranlasst hat.
4.  Die Durchschrift einer vom Vollmachtgeber mittels eines Durchschreibesatzes erstellten Vollmacht kann eine Originalurkunde i.S.d. § 172 BGB sein.
5.  Ein wegen fehlender Gesamtbetragsangabe nichtiger Darlehensvertrag wird gemäß § 6 Abs.2 Satz 1 VerbrKrG gültig, wenn dem Kreditnehmer die Darlehensvaluta nicht direkt zugeflossen, sondern vertragsgemäß unmittelbar an einen Treuhänder zwecks Erwerbs eines Fondsanteils ausgezahlt worden ist. Das gilt auch dann, wenn Darlehensvertrag und Fondsbeitritt ein verbundenes Geschäft gemäß § 9 Abs.1 VerbrKrG darstellen (Abweichung von BGHZ 159,294, BGH, Urteile vom 14.06.2004, II ZR 407/02 und vom 21.03.2005, II ZR 411/02).
6.  Zur Auslegung eines formularmäßigen Zeichnungsscheins.
--> hierzu: BGH, Urteil vom 24.10.06
 
 
  
-->  Volltext (pdf) XI ZR 29/05
BGHZ 167, 223
NJW 2006, 1952
WM 2006, 1008
ZIP 2006, 987
-->  Volltext (html)
1.  Ein Realkreditvertrag i.S.d. § 3 Abs.2 Nr.2 VerbrKrG liegt bei einer kreditfinanzierten Immobilienfondsbeteiligung ebenso wie bei einem finanzierten Grundstücksgeschäft auch dann vor, wenn der Erwerber ein Grundpfandrecht nicht selbst bestellt, sondern ein bestehendes (teilweise) übernimmt (Abweichung von BGHZ 159,294,307f; Fortsetzung von BGHZ 161,15,26f).
2.  Die Anwendung der §§ 171, 172 BGB zugunsten der kreditgebenden Bank wird bei einer kreditfinanzierten Immobilienfondsbeteiligung ebenso wie bei einem finanzierten Grundstücksgeschäft auch in den Fällen nichtiger Vollmacht des gegen das Rechtsberatungsgesetz verstoßenden Treuhänders durch die Regeln über das verbundene Geschäft i.S.d. § 9 VerbrKrG nicht ausgeschlossen oder eingeschränkt (Abweichung von BGHZ 159,294,300ff; Fortsetzung von BGHZ 161,15,24ff).
3.  Ein wegen fehlender Gesamtbetragsangabe nichtiger Darlehensvertrag wird gemäß § 6 Abs.2 Satz 1 VerbrKrG gültig, wenn dem Kreditnehmer die Darlehensvaluta nicht direkt zugeflossen, sondern vertragsgemäß unmittelbar an einen Treuhänder zwecks Erwerbs eines Fondsanteils ausgezahlt worden ist. Das gilt auch dann, wenn Darlehensvertrag und Fondsbeitritt ein verbundenes Geschäft gemäß § 9 Abs.1 VerbrKrG darstellen (Abweichung von BGHZ 159,294, BGH, Urteile vom 14.06.2004, II ZR 407/02 und vom 21.03.2005, II ZR 411/02).
4.  Zur Auslegung eines formularmäßigen Zeichnungsscheins.
--> hierzu: BGH, Urteil vom 24.10.06
 
 
  
-->  Volltext (pdf) XI ZR 106/05
BGHZ 167, 239
NJW 2006, 1955
WM 2006, 1066
ZIP 2006, 1084
-->  Volltext (html)
1.  Nach § 6 Abs.1 VerbrKrG ist ein Kreditvertrag nur dann nichtig, wenn die in § 4 Abs.1 Satz 4 Nr.1b VerbrKrG vorgeschriebene Gesamtbetragsangabe völlig fehlt, nicht jedoch, wenn sie falsch ist.
2.  Ein wegen fehlender Gesamtbetragsangabe nichtiger Darlehensvertrag wird gemäß § 6 Abs.2 Satz 1 VerbrKrG gültig, wenn dem Kreditnehmer die Darlehensvaluta nicht direkt zugeflossen, sondern vertragsgemäß unmittelbar an einen Treuhänder zwecks Erwerbs eines Fondsanteils ausgezahlt worden ist. Das gilt auch dann, wenn Darlehensvertrag und Fondsbeitritt ein verbundenes Geschäft gemäß § 9 Abs.1 VerbrKrG darstellen (Abweichung von BGHZ 159,294, BGH, Urteile vom 14.06.2004, II ZR 407/02 und vom 21.03.2005, II ZR 411/02).
3.  Ist ein Darlehensnehmer durch falsche Angaben zum Erwerb einer Fondsbeteiligung bewogen worden, kann er bei Vorliegen eines verbundenen Geschäfts i.S.v. § 9 Abs.1 VerbrKrG auch der die Fondsbeteiligung finanzierenden Bank seine Ansprüche gegen die Fondsgesellschaft entgegenhalten und gemäß § 9 Abs.3 VerbrKrG die Rückzahlung des Kredits verweigern, soweit ihm gegen die Fondsgesellschaft ein Abfindungsanspruch zusteht (Bestätigung von BGHZ 156,46 und Senatsurteil vom 23.09.2003, XI ZR 135/02, WM 2003,2232).
4.  Ansprüche gegen Gründungsgesellschafter, Fondsinitiatoren, maßgebliche Betreiber, Manager und Prospektherausgeber kann der Kreditnehmer nicht gemäß § 9 Abs.3 VerbrKrG dem Rückzahlungsverlangen der Bank entgegensetzen (Abweichung von BGH, II.Zivilsenat, Urteile vom 14.06.2004, vom 25.10.2004, II ZR 373/01, BKR 2005,73, vom 06.12.2004, II ZR 394/02, WM 2005,295,297, vom 31.01.2005, II ZR 200/03, und vom 21.03.2005, II ZR 411/02).
5.  Ist ein Darlehensnehmer durch falsche Angaben zum Erwerb einer Fondsbeteiligung bewogen worden, kann er auch den mit dem Anlagevertrag gemäß § 9 Abs.1 VerbrKrG verbundenen Darlehensvertrag nach § 123 BGB anfechten, wenn die Täuschung auch für dessen Abschluss kausal war. Den daneben bestehenden Anspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss gegen den Vermittler kann der Darlehensnehmer ebenfalls gegen die kreditgebende Bank geltend machen, da der Vermittler bei einem verbundenen Geschäft nicht Dritter i.S.v. § 123 Abs.2 BGB ist.
zum 5. Leitsatz (Rdnrn. 29ff):
29    Die Rechte des Anlegers und Darlehensnehmers erschöpfen sich indes bei dessen arglistiger Täuschung durch einen Vermittler über die Fondsbeteiligung und einem verbundenen Geschäft nicht in den genannten Rechten gegen die Fondsgesellschaft, die gemäß § 9 Abs.3 VerbrKrG der kreditgebenden Bank entgegengehalten werden können. Der Kreditnehmer kann in einem solchen Fall vielmehr ohne weiteres auch den mit dem Anlagevertrag gemäß § 9 Abs.1 VerbrKrG verbundenen Darlehensvertrag als solchen nach § 123 BGB anfechten, wenn die Täuschung auch für dessen Abschluss kausal war, denn der Vermittler sowohl der Fondsbeteiligung als auch des Darlehensvertrages ist für die kreditgebende Bank nicht Dritter i.S.v. § 123 Abs.2 BGB (...). Von einer solchen Kausalität, die festzustellen allerdings Sache des Berufungsgerichts ist, wird wegen der wirtschaftlichen Einheit von Fondsbeitritt und Kreditvertrag regelmäßig auszugehen sein (...). 
30 Anstelle der Anfechtung auch des Darlehensvertrages kann der über die Fondsbeteiligung getäuschte Anleger und Kreditnehmer, etwa wenn die Anfechtungsfrist des § 124 Abs.1 BGB verstrichen ist (...) oder wenn es ausnahmsweise an der notwendigen Arglist fehlt (...), bei einem verbundenen Vertrag (§ 9 Abs.1 VerbrKrG) im Falle eines Vermögensschadens einen Schadensersatzanspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss gegen die kreditgebende Bank geltend machen. Denn diese muss sich bei einem verbundenen Geschäft das täuschende Verhalten des Vermittlers zurechnen lassen, da dieser nicht Dritter i.S.v. § 123 Abs.2 BGB ist. Zur Vermeidung eines unvertretbaren Wertungswiderspruchs ist es deshalb geboten, bei einem verbundenen Geschäft (§ 9 Abs.1 VerbrKrG) der kreditgebenden Bank nicht nur die arglistige Täuschung des Fonds- und Kreditvermittlers über die Fondsbeteiligung, sondern auch ein darin liegendes vorsätzliches Verschulden bei Vertragsschluss zuzurechnen. Ob die Bank auch bei einem nicht verbundenen Geschäft unter besonderen Voraussetzungen sich entgegenhalten lassen muss, dass sie Kenntnis von der Unrichtigkeit von Angaben von Initiatoren oder Vermittlern bzw. des Fondsprospekts gehabt hat, bedarf hier keiner Entscheidung. 
31 Nach dem Grundsatz der Naturalrestitution (§ 249 Satz 1 BGB) ist der Anleger und Kreditnehmer so zu stellen, wie er ohne die Täuschung gestanden hätte. Nach der Lebenserfahrung, die im konkreten Fall zu widerlegen Sache der Bank ist, ist davon auszugehen, dass er dem Fonds dann nicht beigetreten wäre (...) und deshalb auch den Kredit nicht aufgenommen hätte. Der Anleger muss den Kredit deshalb nicht zurückzahlen, sondern nur seinen Fondsanteil, nach dessen Kündigung seinen Abfindungsanspruch, an die kreditgebende Bank abtreten, die ihrerseits die Rückerstattung von Zins- und Tilgungsleistungen an den Kreditnehmer und Anleger - abzüglich der nach dem Prinzip der Vorteilsausgleichung anzurechnenden Fondsausschüttungen und etwaiger Steuerersparnisse - schuldet.
 
 
 Anmerkung:

Der XI. Zivilsenat hat es hier noch offengelassen, "ob die Bank auch bei einem nicht verbundenen Geschäft unter besonderen Voraussetzungen sich entgegenhalten lassen muss, dass sie Kenntnis von der Unrichtigkeit von Angaben von Initiatoren oder Vermittlern bzw. des Fondsprospekts gehabt hat" (Rdnr. 30, letzter Satz).

Diese Frage stellt sich dann, wenn das Darlehen durch eine Grundschuld abgesichert wurde (sog. Realkredit), weil nach bisheriger (umstrittener) Rechtsprechung des XI. Zivilsenats bei Realkrediten kein verbundenes Geschäft vorliegen soll.

Hierzu aus der Pressemitteilung des BGH vom 16.05.06:

"Der XI. Zivilsenat hat aber im Interesse der Effektivierung des Verbraucherschutzes bei realkreditfinanzierten Wohnungskäufen und Immobilienfondsbeteiligungen, die nicht als verbundene Geschäfte behandelt werden können, und um dem in den Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 25.10.2005 zum Ausdruck kommenden Gedanken des Verbraucherschutzes vor Risiken von Kapitalanlagemodellen im nationalen Recht Rechnung zu tragen, seine Rechtsprechung zum Bestehen von eigenen Aufklärungspflichten der kreditgebenden Bank in diesen Fällen ergänzt. Danach können sich die Anleger in Fällen eines institutionalisierten Zusammenwirkens der kreditgebenden Bank mit dem Verkäufer oder Vertreiber des finanzierten Objekts unter erleichterten Voraussetzungen mit Erfolg auf einen die Aufklärungspflicht auslösenden konkreten Wissensvorsprung der finanzierenden Bank im Zusammenhang mit einer arglistigen Täuschung des Anlegers durch unrichtige Angaben der Vermittler, Verkäufer oder Fondsinitiatoren bzw. des Fondsprospekts über das Anlageobjekt berufen. Die eine eigene Aufklärungspflicht auslösende Kenntnis der Bank von einer solchen arglistigen Täuschung wird widerleglich vermutet, wenn Verkäufer oder Fondsinitiatoren, die von ihnen beauftragten Vermittler und die finanzierende Bank in institutionalisierter Art und Weise zusammenwirken, auch die Finanzierung der Kapitalanlage vom Verkäufer oder Vermittler angeboten wurde und die Unrichtigkeit der Angaben des Verkäufers, Fondsinitiators oder der für sie tätigen Vermittler bzw. des Verkaufs- oder Fondsprospekts nach den Umständen des Falles evident ist, so dass sich aufdrängt, die Bank habe sich der Kenntnis der arglistigen Täuschung geradezu verschlossen."

Hier wird also (auch für Realkredite) das vom XI.Zivilsenat zunächst ausgesperrte verbundene Geschäft durch die Hintertür wieder eingelassen, wobei noch unklar ist, wie breit dieser Einlass ist.
 
 
BGH, Urteil vom 01.07.08 (Leitsatz):
  Eine Haftung der Bank nach den Grundsätzen der Senatsrechtsprechung vom 25.04.2006 (BGHZ 167,239,250f., Tz.29f.) setzt zwingend eine arglistige Täuschung durch den Vermittler voraus. Für die Arglist trägt der Darlehensnehmer/Anleger die Beweislast; § 282 BGB a.F. ist insofern nicht anwendbar. Gleiches muss für den nach der genannten Senatsrechtsprechung aus der arglistigen Täuschung abgeleiteten Anspruch aus vorsätzlichem Verschulden bei Vertragsverhandlungen gelten.
 

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