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aus den Entscheidungsgründen: (XI ZR 319/06) |
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"(22) (...) Die Ausführungen, mit denen (das Berufungsgericht) zu dem Ergebnis
gelangt ist, ein eventueller Schadensersatzanspruch des Klägers sei jedenfalls verjährt, erweisen sich
in mehrfacher Hinsicht als rechtlich nicht haltbar.
(23) Das Berufungsgericht geht im Ausgangspunkt zutreffend davon aus, dass Schadensersatzansprüche aus Verschulden bei Vertragsschluss
seit dem 01.01.2002 der dreijährigen Regelverjährung des § 195 BGB unterliegen. Richtig ist auch, dass diese Verjährungsfrist, da sie
kürzer ist als die bis zum 01.01.2002 geltende Regelverjährung von 30 Jahren, nach der
Überleitungsvorschrift des Art.229 § 6 Abs.4
Satz 1 EGBGB von dem 01.01.2002 an zu berechnen ist.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist dieser Stichtag aber für den Beginn
der regelmäßigen Verjährungsfrist nicht allein maßgeblich. Vielmehr müssen - wie der erkennende
Senat nach Erlass des Berufungsurteils entschieden hat (BGHZ 171,1) - zu diesem Zeitpunkt zusätzlich die subjektiven Voraussetzungen
des § 199 Abs.1 Nr.2 BGB
vorliegen, der Gläubiger muss also von den den Anspruch begründenden Umständen und
der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder diese nur infolge grober Fahrlässigkeit nicht haben.
Zu dieser Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (...) steht das Berufungsurteil im Widerspruch.
(24) Auch mit der Hilfsbegründung erweist es sich als rechtlich nicht haltbar. (...) Mit der gegebenen Begründung hätte
das Berufungsgericht nicht annehmen dürfen, dem Kläger seien sämtliche anspruchsbegründende Tatsachen bereits
vor 2002 bekannt gewesen.
(25) Richtig ist allerdings der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, dass die (Bank) als Schuldnerin die Darlegungs- und
Beweislast für Beginn und Ablauf der Verjährung und damit für die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis
des Klägers gemäß § 199 Abs.1 Nr.2 BGB
am Stichtag 01.01.2002 trägt (Senat, BGHZ 171,1,11,
Tz.32 m.w.Nachw.). Im Ansatz zutreffend ist auch, dass der Kläger, soweit es um Umstände
aus seiner Sphäre geht, an der Sachaufklärung mitzuwirken und erforderlichenfalls darzulegen hat, was er
zur Ermittlung der Voraussetzungen seiner Ansprüche und der Person des Schuldners getan hat (BGHZ 91,243,260).
Rechtlich nicht haltbar ist aber, wenn das Berufungsgericht von einer Kenntnis des Klägers bereits
am 01.01.2002 mit der Begründung ausgeht, es fehle an substantiiertem Vortrag des Klägers,
was ihn vor dem 01.01.2002 an der Erkenntnis, mögliche Schadensersatzansprüche gegen die Beklagten
zu haben, gehindert habe, obwohl ihm aus den Mietpoolabrechnungen der Jahre 1998 bis 2000 bekannt gewesen sei,
dass die prognostizierten Mieterträge bei Weitem nicht erreicht worden seien.
(26) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts rechtfertigt die Kenntnis des Klägers davon, dass die ihm zugesagte Miete
schon seit 1998 nie erzielt wurde, nicht den Schluss auf eine Kenntnis von den den Anspruch
begründenden Umständen und der Person des Schuldners i.S.d. § 199 Abs.1 Nr.2 BGB.
(27) Für die Frage, wann der Gläubiger die nach § 199 Abs.1 Nr.2 BGB erforderliche Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen
und der Person des Schuldners besitzt, kann weitgehend auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
zu § 852 Abs.1 BGB a.F. zurückgegriffen
werden (...). Danach liegt die erforderliche Kenntnis vom Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen im Allgemeinen vor,
wenn dem Geschädigten die Erhebung einer Schadensersatzklage, sei es auch nur in Form
der Feststellungsklage, Erfolg versprechend, wenn auch nicht risikolos, möglich ist (...). Weder ist notwendig,
dass der Geschädigte alle Einzelumstände kennt, die für die Beurteilung möglicherweise Bedeutung haben,
noch muss er bereits hinreichend sichere Beweismittel in der Hand haben, um einen Rechtsstreit im Wesentlichen
risikolos führen zu können (...). Auch kommt es - abgesehen von Ausnahmefällen - nicht auf eine
zutreffende rechtliche Würdigung an. Vielmehr genügt aus Gründen der Rechtssicherheit und Billigkeit im Grundsatz
die Kenntnis der den Ersatzanspruch begründenden tatsächlichen Umstände (...; BGH, Beschluss vom 19.03.2008, Tz.7). Hierzu gehört in Fällen unzureichender Aufklärung auch die Kenntnis
der Umstände einschließlich der wirtschaftlichen Zusammenhänge, aus denen sich die Rechtspflicht zur Aufklärung
ergibt (...).
(28) Nach diesen Maßstäben begann (...) der Lauf der Verjährungsfrist nicht erst mit dem Urteil des erkennenden Senats vom 16.05.2006 (BGHZ 168,1). Mit diesem Urteil hat
der erkennende Senat keine neue Aufklärungspflicht begründet, sondern hat lediglich für die Darlehensnehmer
eine Beweiserleichterung geschaffen. Dass die finanzierende Bank den Darlehensnehmer über eine von ihr erkannte
arglistige Täuschung des Verkäufers gemäß § 123 BGB aufzuklären hat, ist seit langem Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (...).
An diese hat der Senat in seinem Urteil vom 16.05.2006
angeknüpft und lediglich unter bestimmten Umständen für die Darlehensnehmer erleichterte Voraussetzungen
für den Beweis des Wissensvorsprungs der finanzierenden Bank geschaffen. Dass die Darlehensnehmer zuvor
insoweit Beweisschwierigkeiten hatten, steht dem Verjährungsbeginn nicht entgegen, weil dieser keineswegs voraussetzt,
dass der Geschädigte bereits hinreichend sichere Beweismittel in der Hand hat, um einen Rechtsstreit
im Wesentlichen risikolos führen zu können (...). Die erforderliche Kenntnis ist vielmehr bereits vorhanden,
wenn die dem Geschädigten bekannten Tatsachen ausreichen, um den Schluss auf ein schuldhaftes Fehlverhalten
des Anspruchsgegners als naheliegend erscheinen zu lassen (...). Es muss dem Geschädigten lediglich zumutbar sein,
aufgrund dessen, was ihm hinsichtlich des tatsächlichen Geschehensablaufs bekannt ist, Klage zu erheben, wenn auch
mit dem verbleibenden Prozessrisiko, insbesondere hinsichtlich der Nachweisbarkeit von Schadensersatz auslösenden
Umständen (...).
(29) Wie das Berufungsgericht zutreffend gesehen hat, konnte die Verjährung daher bereits vor der vom Senat geschaffenen Beweiserleichterung
zu laufen beginnen, sofern bei dem Kläger zuvor die subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs.1 Nr.2 BGB vorlagen. Die Annahme des Berufungsgerichts, dies sei bereits
vor dem 01.01.2002 der Fall gewesen, weil dem Kläger aufgrund der jährlichen Mietpoolabrechnungen bekannt
gewesen sei, dass die bei Vertragsschluss versprochene Miete nicht erzielt worden sei, erweist sich nach den dargelegten
Maßstäben aber als nicht tragfähig. Allein aus den Mietpoolabrechnungen hatte der Kläger noch keine Kenntnis
von allen eine Aufklärungspflicht der (Bank) begründenden Umständen.
(30) Da Kenntnis in Fällen unzureichender Aufklärung voraussetzt, dass der Gläubiger die Umstände,
insbesondere auch die wirtschaftlichen Zusammenhänge kennt, aus denen sich die Rechtspflicht zur Aufklärung
ergibt, und da die finanzierenden Banken nur ausnahmsweise zur Risikoaufklärung in Bezug auf das finanzierte
Geschäft verpflichtet sind, ist von einer Kenntnis oder grob fahrlässigen Unkenntnis des Gläubigers in Fällen
der vorliegenden Art nur auszugehen, wenn ihm sowohl die Umstände bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt sind,
die in Bezug auf das finanzierte Geschäft einen Ersatzanspruch begründen, als auch die Umstände,
aus denen sich ergibt, dass insoweit gerade auch die finanzierenden Banken, obwohl sie nicht unmittelbar Geschäftspartner
des finanzierten Geschäfts waren, als mögliche Haftende in Betracht kommen. Im Hinblick auf die
in Rede stehende Aufklärungspflicht der (Bank) aus einem Wissensvorsprung über eine arglistige Täuschung
des Klägers wäre von einer Kenntnis des Klägers i.S.d. § 199 Abs.1 Nr.2 BGB vor dem 01.01.2002 also nur auszugehen, wenn er bereits da
die tatsächlichen Umstände gekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt hätte, aus denen sich ergab,
dass er im Zusammenhang mit dem Wohnungserwerb arglistig getäuscht worden war, und zusätzlich
die Umstände, die den Schluss auf einen insoweit bestehenden Wissensvorsprung der (Bank) zuließen.
Für beides genügt (...) die bloße Kenntnis davon, dass die zugesagte Miete nicht erzielt wurde, nicht.
(31) Für die Frage der Kenntnis oder grob fahrlässigen Unkenntnis des Klägers von der arglistigen Täuschung ist
das Auseinanderfallen von versprochener und erzielter Miete schon deshalb ohne ausreichende Aussagekraft, weil die Ursache
dafür offen bleibt. Dass die versprochene Miete tatsächlich nicht erzielt wurde, konnte auch auf anderen Ursachen,
etwa auf einer unvorhergesehenen schlechten wirtschaftlichen Entwicklung des Mietpools infolge unerwartet hoher Leerstände
nach Vertragsschluss, beruhen. Es hätte daher zusätzlicher Feststellungen dazu bedurft, dass der Kläger
Kenntnis von tatsächlichen Umständen hatte oder ohne nennenswerte Mühe hätte haben können, aus denen er
auf eine arglistige Täuschung über die erzielbare Miete schließen konnte.
(32) Mit der bloßen Kenntnis davon, dass die ihm zugesagte Miete letztlich nicht erzielt wurde, waren dem Kläger auch
noch keine tatsächlichen Umstände bekannt, die gerade die (Bank) als mögliche Ersatzpflichtige infrage kommen
ließen. Da die (Bank) nicht Vertragspartner des finanzierten Geschäfts war, lägen die subjektiven
Voraussetzungen des § 199 Abs.1 Nr.2 BGB nur vor,
wenn dem Kläger zusätzlich zu der Kenntnis von Umständen, die den Schluss auf eine
arglistige Täuschung zuließen, Umstände bekannt oder aufgrund grober Fahrlässigkeit unbekannt gewesen wären, aus denen
sich ergab, dass die (Bank) Kenntnis von der arglistigen Täuschung des Klägers hatte. Erst aus diesem
Wissensvorsprung ergab sich ihre Rechtspflicht zur Aufklärung.
(33) Genügt danach (...) die Kenntnis des Klägers von der Unrichtigkeit der zugesagten Miete nicht, um den Schluss
auf seine Kenntnis von möglichen Schadensersatzansprüchen gegen die finanzierenden Banken zuzulassen,
so erweist sich der Ansatz des Berufungsgerichts, es sei angesichts dieser Umstände Sache des Klägers
gewesen, substantiiert Umstände darzulegen, die ihn trotz der Kenntnis von der Unrichtigkeit der zugesagten Miete
an der Erkenntnis möglicher Schadensersatzansprüche gegenüber der (Bank) gehindert hätten, als nicht tragfähig.
Vielmehr wäre es (...) zunächst einmal Sache der (Bank) gewesen, zum Vorliegen der subjektiven Voraussetzungen
des § 199 Abs.1 Nr.2 BGB vor dem 01.01.2002
vorzutragen. Erst aufgrund solchen Vortrags zu der Kenntnis oder grob fahrlässigen Unkenntnis des Klägers hätte es
diesem oblegen, seinerseits an der Aufklärung mitzuwirken und etwa darzulegen, was er zur Ermittlung der Voraussetzungen
seines Anspruchs und der Person des Schuldners unternommen hat (vgl. BGHZ 91,243,260)."
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