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aus den Entscheidungsgründen: |
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zum Kündigungsschutz im Kleinbetrieb:
"Die Kündigung vom 12.09.2004 verstößt nicht gegen den Grundsatz
von Treu und Glauben (§ 242 BGB).
Nach der grundlegenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Kündigungsschutz
im sog. Kleinbetrieb (BVerfG, 27.01.1998,
1 BvL 15/87) ist die Entscheidung des Gesetzgebers, den in einem Kleinbetrieb
beschäftigten Arbeitnehmern keinen allgemeinen Kündigungsschutz nach § 1 KSchG zu gewähren, zu respektieren.
Den Arbeitnehmern in Kleinbetrieben ist das größere rechtliche Risiko eines Arbeitsplatzverlustes
angesichts der schwerwiegenden und grundrechtlich geschützten Belange der Arbeitgeber von Kleinbetrieben
zuzumuten. In Kleinbetrieben hängt der Geschäftserfolg mehr als in Großbetrieben von jedem
einzelnen Arbeitnehmer ab. Ausfälle lassen sich typischerweise nur schwer ausgleichen. Dem Vertrauensverhältnis
zwischen Inhaber und Mitarbeitern kommt im Kleinbetrieb ein besonderer Stellenwert zu.
Außerdem fällt die in der Regel geringe Finanzausstattung von Kleinbetrieben ins Gewicht.
Durch die Herausnahme aus dem gesetzlichen Kündigungsschutz sind die Arbeitnehmer in Kleinbetrieben
nicht völlig schutzlos gestellt. Zu ihren Gunsten greifen die zivilrechtlichen Generalklauseln ein,
die vor einer sitten- oder treuwidrigen Ausübung des Kündigungsrechts schützen.
Allerdings darf der durch diese Generalklauseln vermittelte Schutz nicht dazu führen, dass dem Arbeitgeber
im Kleinbetrieb praktisch die im Kündigungsschutzgesetz
vorgegebenen Maßstäbe der Sozialwidrigkeit auferlegt werden.
In sachlicher Hinsicht geht es vor allem darum, Arbeitnehmer vor willkürlichen oder auf sachfremden Motiven beruhenden
Kündigungen zu schützen. Soweit unter mehreren Arbeitnehmern eine Auswahl zu treffen ist,
gebietet der verfassungsrechtliche Schutz des Arbeitsplatzes in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip
ein gewisses Maß an sozialer Rücksichtnahme. Schließlich darf auch ein
durch langjährige Mitarbeit erdientes Vertrauen in den Fortbestand eines Arbeitsverhältnisses
nicht unberücksichtigt bleiben. Zum Verfahrensrecht hat das Bundesverfassungsgericht ausgeführt, das Prozessrecht biete für eine abgestufte
Darlegungs- und Beweislast geeignete Handhaben, um dem verfassungsrechtlich gebotenen Schutz des Arbeitnehmers
Wirksamkeit zu verschaffen.
(...)
Im vorliegenden Fall eines personenbezogenen Kündigungsmotivs in einem langjährigen Arbeitsverhältnis gewinnt
die weitere Erwägung des Bundesverfassungsgerichts
an Gewicht, ein durch langjährige Mitarbeit erdientes Vertrauen in den Fortbestand
eines Arbeitsverhältnisses dürfe nicht unberücksichtigt bleiben (...). Dieses Kriterium ist dahin
zu verstehen, dass der Grund für eine Kündigung gegenüber einem langjährig
beschäftigten Arbeitnehmer auch angesichts dessen Betriebszugehörigkeit 'einleuchten' muss
(BAG, Urteil vom 28.08.2003). Dies wäre etwa
nicht mehr der Fall, wenn der Arbeitgeber die Kündigung des Arbeitsverhältnisses
mit einem langjährig Beschäftigten auf geringe krankheitsbedingte Fehlzeiten stützen würde.
An einem einleuchtenden Grund könnte es etwa auch dann fehlen, wenn der Arbeitgeber die
aufgrund eines einmaligen Arbeitsunfalls eingetretenen Fehlzeiten zum Anlass für eine Kündigung nehmen
würde.
Maßgeblich kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an.
Da eine krankheitsbedingte Kündigung auch bei Geltung
des Kündigungsschutzgesetzes
zulässig ist, ist sie erst recht im Kleinbetrieb nicht ausgeschlossen (LAG Schleswig-Holstein, 17.11.2005,
4 Sa 328/05, und LAG Köln, 13.02.2006,14 (3) 1363/05, jeweils zitiert nach Juris).
Die Grenze der Treuwidrigkeit einer Kündigung im Kleinbetrieb ist deutlich unterhalb der Schwelle
zu ziehen, die für die soziale Rechtfertigung einer krankheitsbedingten Kündigung
nach § 1 Abs.2
KSchG gilt (ebenso Lettl, NZA-RR 2004,57,60).
Würde man die Überprüfung einer krankheitsbedingten Kündigung im Kleinbetrieb nach denselben
Grundsätzen wie im Rahmen der sozialen Rechtfertigung (drei Prüfungsstufen:
negative Gesundheitsprognose, betriebliche Beeinträchtigungen und umfassende Interessenabwägung)
vornehmen, so würden dem Arbeitgeber im Kleinbetrieb im Ergebnis die
im Kündigungsschutzgesetz vorgegebenen
Maßstäbe der Sozialwidrigkeit auferlegt. Die vorzunehmende Interessenabwägung hat sich deshalb
darauf zu beschränken, ob sich das auf krankheitsbedingte Fehlzeiten gestützte Kündigungsmotiv
auch angesichts der Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers als einleuchtend erweist.
Nach diesen Grundsätzen ist das Arbeitsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die Kündigung
vom 12.09.2006 angesichts der unstreitigen krankheitsbedingten Fehlzeiten auf einem einleuchtenden Grund
beruht und auch angesichts der langjährigen Betriebszugehörigkeit des Klägers weder willkürlich
noch diskriminierend ist.
(wird ausgeführt)"
zur Anwendbarkeit des AGG auf die Kündigung:
"Der Argumentation des Klägers steht nicht bereits die Vorschrift des § 2 Abs.4 AGG entgegen,
wonach für Kündigungen ausschließlich die Bestimmungen zum allgemeinen und besonderen
Kündigungsschutz gelten. Diese Fassung hat die Norm erst im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens
erhalten (vgl. Bundesrats-Drucksache 329/1/06, S.1f.). Im Anschluss hieran wird in der Literatur
erörtert, ob die Vorschrift wegen des offenkundigen Verstoßes gegen Art.3 Abs.1 Buchst.d
der Richtlinie 2000/78/EG vom 27.11.2000
nicht anzuwenden oder ob sie noch einer europarechtskonformen Auslegung zugänglich ist (Wisskirchen, DB 2006,1491,1495;
Diller/Krieger/Arnold, NZA 2006,887; Bayreuther, DB 2006,1842; Willemsen/Schweibert, NJW 2006,2584;
Sagan, NZA 2006,1257; ArbG Osnabrück,
Urteil vom 05.02.2007, 3 Ca 724/06, NZA 2007,626).
Im Streitfall bedarf es keiner Stellungnahme zu diesem Meinungsstreit.
Denn jedenfalls bei Kündigungen außerhalb des Anwendungsbereichs
des Kündigungsschutzgesetzes muss
der Diskriminierungsschutz in die zivilrechtlichen Generalklauseln der §§ 138, 242 BGB
einfließen. Jede andere Beurteilung stünde nicht im Einklang mit den verfassungs- und europarechtlichen
Vorgaben."
zur Frage der Altersdiskriminierung bei Kündigung wegen krankheitsbedingter Fehlzeiten:
"Unstreitig liegt im Streitfall eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters nicht vor. Eine mittelbare Benachteiligung
könnte aber darin liegen, dass der Kläger als älterer Arbeitnehmer aufgrund seiner
tendenziell höheren krankheitsbedingten Fehlzeiten stärker als jüngere Arbeitnehmer von einer krankheitsbedingten
Kündigung betroffen sein könnte. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und
des Bundesarbeitsgerichts liegt eine mittelbare Diskriminierung vor, wenn eine Regelung oder Maßnahme zwar
neutral gefasst ist, ihre Anwendung jedoch tatsächlich prozentual erheblich mehr den einen als den anderen
Personenkreis benachteiligt und diese unterschiedliche Behandlung nicht durch objektive Faktoren gerechtfertigt ist (...).
Die Regelung in § 3 Abs.2
AGG hat diese Begriffsdefinition weitgehend übernommen
(ggf. mit einer gewissen Absenkung an den Nachweis der Benachteiligung, ...). Hiernach liegt
eine mittelbare Benachteiligung vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen
wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes
gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden
Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung
dieses Ziels angemessen und erforderlich.
Ob der Tatbestand einer mittelbaren Benachteiligung gegeben ist, ist regelmäßig mit Hilfe eines statistischen
Vergleichs zu ermitteln (...). Erforderlich ist die Bildung von Vergleichsgruppen (...). Die Darlegungs- und
Beweislast für das Vorliegen einer Diskriminierung trägt der Arbeitnehmer. Spricht jedoch
der erste Anschein für eine Diskriminierung, hat der Arbeitgeber nachzuweisen, dass es
sachliche Gründe für den festgestellten Unterschied gibt (...).
Zahlenmaterial
zu dem erforderlichen statistischen Vergleich hat der Kläger nicht vorgelegt.
Dies wirkt sich jedoch im vorliegenden Fall nicht zu seinem Nachteil
aus, weil das Gericht gemäß § 291 ZPO offenkundige Tatsachen auch ohne
entsprechende Parteibehauptung in den Prozess einführen darf (...) und sie
auch keines Beweises bedürfen. Offenkundig ist eine Tatsache, die der Allgemeinheit bekannt oder
die ohne besondere Fachkunde aus allgemein zugänglichen, zuverlässigen Quellen wahrnehmbar ist. Im vorliegenden Fall
lassen sich die Krankenstände der Arbeitnehmer, aufgeschlüsselt nach Branchen und Alter,
den einschlägigen Publikationen der Krankenkassen entnehmen. Nach dem von den Betriebskrankenkassen
veröffentlichen Faktenspiegel (abrufbar unter
www.bkk.de) betrug der durchschnittliche Krankenstand
im Jahr 2005 12,6 Kalendertage. Das Krankheitsgeschehen ist stark abhängig von Branche,
Alter und Geschlecht. So belief sich der durchschnittliche Krankenstand im Baugewerbe auf 14,0 Kalendertage.
Nach Angaben der AOK (abrufbar unter
www.aok-bgf.de) betrug der Krankenstand im Bereich
der AOK Rheinland bei den bis 24-jährigen Arbeitnehmern 5,5 Kalendertage, bei den
25-34-jährigen 8,7 Kalendertage, bei den 35-44-jährigen 11,6 Kalendertage, bei den
45-54-jährigen 15,0 Kalendertage und bei den ab 55-jährigen 20,7 Kalendertage
(bei einem Durchschnitt von 11,8 Kalendertagen). Im BKK-Faktenspiegel wird die durchschnittliche Krankheitsquote der 55-65-jährigen Arbeitnehmer
mit 21,6 Kalendertagen angegeben. Allerdings liegen die Maurer mit 44,4 Kalendertagen und
die Straßen- und Tiefbauer mit 36,6 Kalendertagen weit über dem Durchschnitt ihrer Altersgruppe.
Aus dem aufgeführten Zahlenmaterial folgt, dass das Vorbringen des Klägers, ältere Arbeitnehmer
wiesen durchschnittlich höhere krankheitsbedingte Fehlzeiten auf als jüngere Arbeitnehmer, durchaus zutreffend ist.
Aus dem Zahlenmaterial ergibt sich aber auch, dass der Tatbestand einer mittelbaren
Diskriminierung im vorliegenden Fall schon deswegen nicht erfüllt sein kann, weil die krankheitsbedingten
Fehlzeiten des 54-jährigen Klägers (Gipser) selbst die durchschnittlichen Fehlzeiten der (noch älteren)
55-65-jährigen Maurer erheblich überschritten. (...) Umgerechnet auf Arbeitstage wies die Gruppe
der 55-65-jährigen Maurer rund 32 Arbeitstage an krankheitsbedingten Fehlzeiten auf. Der 54-jährige
Kläger kam hingegen auf knapp 41 Arbeitstage (...) bzw. (...) auf rund 50 (59) Arbeitstage.
Eine mittelbare Diskriminierung hätte nur dann vorliegen können, wenn der Kläger wegen Fehlzeiten
gekündigt worden wäre, die über den durchschnittlichen Fehlzeiten der jüngeren
Arbeitnehmer gelegen, sich aber noch im Rahmen der durchschnittlichen Fehlzeiten vergleichbarer Arbeitnehmer
seiner Altersgruppe bewegt hätten. Nur unter dieser Voraussetzung könnte man davon sprechen,
dass er als älterer Arbeitnehmer gerade aufgrund seiner altersbedingten höheren Krankheitsanfälligkeit
verhältnismäßig stärker von einer krankheitsbedingten Kündigung bedroht ist als ein
jüngerer Arbeitnehmer. Gehen aber die Fehlzeiten eines älteren Arbeitnehmers über die
durchschnittlichen Fehlzeiten vergleichbarer Arbeitnehmer seiner Altersgruppe hinaus, so trifft den Arbeitgeber
kein erhöhtes Maß an Rücksichtnahme gegenüber dem älteren Arbeitnehmer
unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung mit den jüngeren Arbeitnehmern mehr.
Das Bestreben der Beklagten, durch Ausspruch einer Kündigung die wirtschaftliche
Belastung durch Entgeltfortzahlungskosten zu beschränken, stellt sich somit auch unter
dem Blickwinkel der Gleichbehandlung als einleuchtender Grund i.S.d. § 242 BGB dar,
der mit einer Diskriminierung aufgrund des Alters nichts zu tun hat.
Zuletzt führt auch der konkrete Vergleich mit den beiden jüngeren Arbeitnehmern G. und M. nicht zu einer
ungerechtfertigten mittelbaren Benachteiligung des Klägers. In diesem Zusammenhang ist zwar
festzustellen, dass auch diese beiden Arbeitnehmer (...) Fehlzeiten aufwiesen, die über den Durchschnitt
der vergleichbaren Arbeitnehmer ihrer Altersgruppe (35-45-jährige Arbeitnehmer) lagen. (...) Insoweit durfte
die Beklagte aber in Rechnung stellen, dass die beiden jüngeren Arbeitnehmer angesichts ihrer absolut
betrachtet halb so hohen Fehlzeiten deutlich geringere Entgeltfortzahlungskosten ausgelöst hatten als der Kläger.
Gerade in einem Kleinbetrieb, der wie oben ausgeführt regelmäßig finanziell weniger
leistungsfähig ist als ein Großbetrieb, wirkt sich dieser Umstand dahingehend aus,
dass von einer sachlich nicht gerechtfertigten mittelbaren Benachteiligung des Klägers nicht gesprochen
werden kann."
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