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Anmerkungen zu § 411 ZPO

§ 411 Abs.1 ZPO wurde neu gefasst
durch das Zweite Gesetz zur Modernisierung der Justiz (2. Justizmodernisierungsgesetz) vom 22.12.06
(Art.10 Nr.4, BGBl.2006  S.3416, 3420, 3421, in Kraft seit 31.12.06).

Bis zum 30.12.06 hatte § 411 Abs.1 ZPO folgenden Wortlaut:

Wird schriftliche Begutachtung angeordnet, so hat der Sachverständige das von ihm unterschriebene Gutachten der Geschäftsstelle zu übermitteln. Das Gericht kann ihm hierzu eine Frist bestimmen.

 

aus der Begründung zum 2. Justizmodernisierungsgesetz

--> Gesetzentwurf  (mit Begründung)

B. Einzelbegründung

Artikel 10 Nr.4 (§ 411 Abs.1 ZPO)

Die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens führt oftmals zu einer erheblichen Verlängerung der Verfahrensdauer. An dieser Stelle besteht somit ein besonderes Bedürfnis für Maßnahmen der Verfahrensbeschleunigung. Es erscheint daher sachgerecht, die derzeit in § 411 Abs.1 Satz 2 ZPO vorgesehene Kann-Regelung durch eine Soll-Regelung zu ersetzen und auf diese Weise das gerichtliche Ermessen dahingehend einzuengen, dass das Gericht dem Sachverständigen regelmäßig eine Frist zu setzen hat, innerhalb derer das schriftliche Gutachten zu übermitteln ist. Da die Fristsetzung nach der vorgeschlagenen Änderung des § 411 Abs.1 ZPO künftig der gesetzliche Regelfall ist, kann nicht der Eindruck entstehen, in ihr komme ein besonderes Misstrauen gegenüber dem bestellten Sachverständigen zum Ausdruck. Insofern stellt die Neuregelung nicht nur eine strengere Vorgabe, sondern zugleich auch eine Erleichterung für das Gericht dar, das nicht mehr befürchten muss, eine Fristsetzung könne zu einer atmosphärischen Störung der Zusammenarbeit mit dem Sachverständigen führen.

Lediglich wenn eine Fristsetzung aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls nicht zweckmäßig erscheint, soll künftig von ihr abgesehen werden können. In Betracht käme dies etwa bei einem derart geringen Angebot an qualifizierten Sachverständigen, dass selbst bei zu erwartender langer Bearbeitungsdauer durch den bestellten Sachverständigen eine Alternative nicht gegeben wäre.

Es wird häufig zweckmäßig sein, die Frist zugleich mit der Anordnung der schriftlichen Begutachtung zu setzen. Der Sachverständige kann dann sogleich mit Eingang des Auftrags prüfen, ob seine Kapazitäten für eine Erledigung innerhalb der gesetzten Frist voraussichtlich ausreichen werden und, wenn dies nicht der Fall ist, das Gericht frühzeitig informieren. Jedoch verzichtet die vorgeschlagene Regelung darauf, dem Gericht insoweit eine Vorgabe zu machen. Es soll dem Gericht insbesondere möglich bleiben, die Frist nach Absprache mit dem Sachverständigen zu setzen, um hierdurch einen im Einzelfall angemessenen Zeitraum für die Erstellung des Gutachtens zu ermitteln und festzulegen.

Der neue § 411 Abs.1 ZPO stellt im Übrigen eine sprachlich schlankere Fassung des bisherigen, aus zwei Sätzen bestehenden Absatzes dar. Dass der Sachverständige angesichts der vom Gericht gesetzten Frist das von ihm unterschriebene Gutachten - rechtzeitig - der Geschäftsstelle zu übermitteln hat, ist eine Selbstverständlichkeit und braucht nicht geregelt zu werden.



Rechtsanwalt Arne Maier, Am Kronenhof 2, 73728 Esslingen