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aus den Entscheidungsgründen: |
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"Zu Gunsten des Klägers wird unterstellt, dass er
Tatsachen vorgetragen hat, die vermuten lassen, dass er wegen seiner
Schwerbehinderteneigenschaft benachteiligt wurde.
Er kann die Beweislast des Arbeitsgebers dadurch herbeiführen, dass er
Hilfstatsachen darlegt und ggf. unter Beweis stellt, die eine Benachteiligung
wegen der Schwerbehinderteneigenschaft vermuten lassen. Das Gericht muss
die Überzeugung einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit
für die Kausalität zwischen Schwerbehinderteneigenschaft
und Nachteil gewinnen.
Aufgrund des unstreitigen Tatsachenvortrages der Parteien ist davon auszugehen,
dass dem beklagten Land ein Gesetzesverstoß zur Last fällt,
der nach diesen Grundsätzen eine Diskriminierung wegen der
Schwerbehinderteneigenschaft vermuten lässt. Die Kammer unterstellt
zu Gunsten des Klägers, dass die Rahmenrichtlinie auch positive Maßnahmen
zur Durchsetzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes zulässt und damit
auch Verletzungen von speziellen Regelungen, die bestimmte Arbeitgeber
zu besonderen Anstrengungen verpflichten, eine Vermutung begründen
können. Daher ist die unterbliebene Einladung zu einem
Vorstellungsgespräch, welche öffentlichen Arbeitgebern auferlegt wird,
zur Glaubhaftmachung einer Benachteiligung geeignet. Weiterhin ist
die Verletzung des Verfahrens, das Arbeitsamt bzw. Integrationsamt
von der Stellenbesetzung zu informieren, geeignet, eine Diskriminierung
wegen der Schwerbehinderteneigenschaft vermuten zu lassen. Die Verletzung
dieser Verfahrenvorschriften lässt auf eine Benachteiligung wegen
der Schwerbehinderung schließen. Denn diese Verfahrensvorschriften
sind zu Gunsten der schwerbehinderten Menschen aufgestellt worden.
Verletzt ein Arbeitgeber die zu Gunsten der schwerbehinderten
Menschen aufgestellten Verfahrensvorschriften, ist nicht auszuschließen,
dass er diese Verfahrensvorschriften deswegen außer Acht lässt,
weil er schwerbehinderte Mitarbeiter benachteiligen will.
Der Kläger hat aber gegen das beklagte Land deswegen keinen Anspruch
auf eine Entschädigung, weil die Vermutung der Benachteiligung
wegen der Schwerbehinderung entkräftet ist.
Die vom beklagten Land getroffene Personalentscheidung beruht darauf,
dass der Kläger das vom beklagten Land aufgestellte Anforderungsprofil
nicht erfüllt. In der aufgegebenen Anzeige ist das Anforderungsprofil
eindeutig als das eines Diplom-Betriebswirts/Diplom-Betriebswirtin FH bezeichnet.
Unstreitig hat der Kläger diese Ausbildung nicht.
Ein Arbeitgeber kann das Anforderungsprofil für den auszuschreibenden Arbeitsplatz
in bestimmter Weise erstellen. Dabei unterliegt es seiner freien
unternehmerischen Entscheidung, das Anforderungsprofil für einen
eingerichteten Arbeitsplatz festzulegen. Die Unternehmerentscheidung kann nur
darauf überprüft werden, ob sie offenbar unsachlich oder willkürlich
ist. Die Entscheidung des Arbeitgebers, bestimmte Tätigkeiten nur
von Arbeitnehmern mit einer besonderen, bestimmten Qualifikation ausführen
zu lassen, ist grundsätzlich zu respektieren. Dabei ist sogar
ein Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes nach Art.33 Abs.2
GG verpflichtet,
vor einer Auswahlentscheidung ein Anforderungsprofil für die
zu besetzende Stelle festzulegen (...). Deshalb konnte und musste
das beklagte Land, wenn es Wert auf den Abschluss
eines betriebswirtschaftlichen Studienganges an einer Fachhochschule legte,
diese in der Stellenausschreibung herausstellen.
Die geforderte Qualifikation als Diplom-Betriebswirt/Diplom-Betriebswirtin (FH) ist,
wie vom Arbeitsgericht zutreffend festgestellt, nicht als abwegig
oder unsachlich zu bewerten." |
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