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Arbeitsrecht
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)
Benachteiligung wegen einer Behinderung
§ 81 Abs.2 SGB IX a.F.

Landesarbeitsgericht (LAG)
Rheinland-Pfalz
Urteil vom 01.09.05
(4 Sa 865/04)


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   aus den Entscheidungsgründen:   
  "Zu Gunsten des Klägers wird unterstellt, dass er Tatsachen vorgetragen hat, die vermuten lassen, dass er wegen seiner Schwerbehinderteneigenschaft benachteiligt wurde.

Er kann die Beweislast des Arbeitsgebers dadurch herbeiführen, dass er Hilfstatsachen darlegt und ggf. unter Beweis stellt, die eine Benachteiligung wegen der Schwerbehinderteneigenschaft vermuten lassen. Das Gericht muss die Überzeugung einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit für die Kausalität zwischen Schwerbehinderteneigenschaft und Nachteil gewinnen.

Aufgrund des unstreitigen Tatsachenvortrages der Parteien ist davon auszugehen, dass dem beklagten Land ein Gesetzesverstoß zur Last fällt, der nach diesen Grundsätzen eine Diskriminierung wegen der Schwerbehinderteneigenschaft vermuten lässt. Die Kammer unterstellt zu Gunsten des Klägers, dass die Rahmenrichtlinie auch positive Maßnahmen zur Durchsetzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes zulässt und damit auch Verletzungen von speziellen Regelungen, die bestimmte Arbeitgeber zu besonderen Anstrengungen verpflichten, eine Vermutung begründen können. Daher ist die unterbliebene Einladung zu einem Vorstellungsgespräch, welche öffentlichen Arbeitgebern auferlegt wird, zur Glaubhaftmachung einer Benachteiligung geeignet. Weiterhin ist die Verletzung des Verfahrens, das Arbeitsamt bzw. Integrationsamt von der Stellenbesetzung zu informieren, geeignet, eine Diskriminierung wegen der Schwerbehinderteneigenschaft vermuten zu lassen. Die Verletzung dieser Verfahrenvorschriften lässt auf eine Benachteiligung wegen der Schwerbehinderung schließen. Denn diese Verfahrensvorschriften sind zu Gunsten der schwerbehinderten Menschen aufgestellt worden. Verletzt ein Arbeitgeber die zu Gunsten der schwerbehinderten Menschen aufgestellten Verfahrensvorschriften, ist nicht auszuschließen, dass er diese Verfahrensvorschriften deswegen außer Acht lässt, weil er schwerbehinderte Mitarbeiter benachteiligen will.

Der Kläger hat aber gegen das beklagte Land deswegen keinen Anspruch auf eine Entschädigung, weil die Vermutung der Benachteiligung wegen der Schwerbehinderung entkräftet ist.

Die vom beklagten Land getroffene Personalentscheidung beruht darauf, dass der Kläger das vom beklagten Land aufgestellte Anforderungsprofil nicht erfüllt. In der aufgegebenen Anzeige ist das Anforderungsprofil eindeutig als das eines Diplom-Betriebswirts/Diplom-Betriebswirtin FH bezeichnet. Unstreitig hat der Kläger diese Ausbildung nicht.

Ein Arbeitgeber kann das Anforderungsprofil für den auszuschreibenden Arbeitsplatz in bestimmter Weise erstellen. Dabei unterliegt es seiner freien unternehmerischen Entscheidung, das Anforderungsprofil für einen eingerichteten Arbeitsplatz festzulegen. Die Unternehmerentscheidung kann nur darauf überprüft werden, ob sie offenbar unsachlich oder willkürlich ist. Die Entscheidung des Arbeitgebers, bestimmte Tätigkeiten nur von Arbeitnehmern mit einer besonderen, bestimmten Qualifikation ausführen zu lassen, ist grundsätzlich zu respektieren. Dabei ist sogar ein Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes nach Art.33 Abs.2 GG verpflichtet, vor einer Auswahlentscheidung ein Anforderungsprofil für die zu besetzende Stelle festzulegen (...). Deshalb konnte und musste das beklagte Land, wenn es Wert auf den Abschluss eines betriebswirtschaftlichen Studienganges an einer Fachhochschule legte, diese in der Stellenausschreibung herausstellen.

Die geforderte Qualifikation als Diplom-Betriebswirt/Diplom-Betriebswirtin (FH) ist, wie vom Arbeitsgericht zutreffend festgestellt, nicht als abwegig oder unsachlich zu bewerten."
 

aufgehoben durch:
 

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