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aus den Entscheidungsgründen: (ab Rdnr.26) |
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"II. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Kündigung sei
nicht nach § 242 BGB unwirksam, ist entgegen der Auffassung der Revision
im Ergebnis nicht zu beanstanden. Aus dem unstreitigen Sachverhalt und dem
eigenen Vorbringen des Klägers ergibt sich kein Treueverstoß.
1. Eine Kündigung verstößt dann gegen § 242 BGB und ist nichtig,
wenn sie aus Günden, die von § 1 KSchG nicht erfasst sind, Treu und Glauben
verletzt. Dies gilt jedenfalls für eine Kündigung, auf die
wegen Nichterfüllung der sechsmonatigen Wartezeit nach § 1 Abs.1 KSchG das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung findet,
weil sonst für diese Fälle über § 242 BGB
der kraft Gesetzes ausgeschlossene Kündigungsschutz doch gewährt werden und
außerdem die Möglichkeit des Arbeitgebers eingeschränkt würde,
die Eignung des Arbeitnehmers für die geschuldete Tätigkeit
in seinem Betrieb während der gesetzlichen Wartezeit zu überprüfen
(...). Welche Anforderungen sich aus Treu und Glauben im einzelnen ergeben,
lässt sich dabei nur unter Berücksichtigung der Umstände
des Einzelfalles entscheiden. Zu den typischen Tatbeständen einer
treuwidrigen Kündigung zählen Rechtsmissbrauch und Diskriminierungen
(...).
2. Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen derjenigen Tatsachen,
aus denen sich die Treuwidrigkeit ergibt, liegt beim Arbeitnehmer
(vgl. Bundesarbeitsgericht,
Urteil vom 21.02.01). Ergibt sich aus seinem Vorbringen
ein Treueverstoß des Arbeitgebers, muss dieser sich nach
§ 138
Abs.2 ZPO qualifiziert auf das Vorbringen des Arbeitnehmers einlassen,
um es zu entkräften. Kommt der Arbeitgeber dieser sekundären
Behauptungslast nicht nach, gilt der schlüssige Sachvortrag des Arbeitnehmers
gemäß § 138
Abs.3 ZPO als zugestanden.
3. Die Kündigung ist nicht wegen Rechtsmissbrauchs nach § 242 BGB unwirksam.
Die Rechtsausübung kann missbräuchlich sein, wenn ihr kein
schutzwürdiges Eigeninteresse zugrunde liegt. Das ist dann der Fall,
wenn die Ausübung des Rechts als Vorwand dient, um vertragsfremde
oder unlautere Zwecke zu erreichen (...).
(...)
4. Die Kündigung beinhaltet keine nach Art.3 Abs.3 Satz 1 GG oder Art.3 Abs.1 GG verbotene Benachteiligung.
Zum einen hat der Kläger nicht dargetan, dass einer der übrigen
als Hilfsgärtner eingestellten Arbeitnehmer ebenfalls Bestattungsarbeiten abgelehnt
und die Beklagte dies hingenommen hätte. Im übrigen erfolgte
die Kündigung aus sachlichen, nämlich arbeitsvertragsbezogenen Gründen.
a) Art.3 Abs.3 Satz 1 GG verbietet unter anderem Benachteiligungen wegen der Herkunft,
des Glaubens und der religiösen oder weltanschaulichen Überzeugungen.
Diese Merkmale dürfen nach Art.3 Abs.3 Satz 1 GG grundsätzlich nicht
als Anknüpfungspunkt für eine rechtliche Ungleichbehandlung herangezogen
werden (...). Die Beklagte hat mit der Kündigung nicht unmittelbar
an die genannten Merkmale angeknüpft, sondern an die Weigerung
des Klägers, die ihm abverlangte Arbeitsleistung zu erbringen.
Allerdings ist der vom Käger geltend gemachte Grund
für die Weigerung mit seinen weltanschaulichen Vorstellungen verbunden,
die ihrerseits von seiner Herkunft nicht getrennt werden können.
Mittelbar hat die Kündigung ihre Ursache darin, dass der Käger
der Gruppe der Sinti angehört. Ob darin eine nach Art.3 Abs.3 Satz 1 GG
verbotene Benachteiligung liegt, kann dahinstehen. Mittelbare Benachteiligungen
unterfallen jedenfalls dann nicht dem Verbot des Art.3 Abs.3 Satz 1 GG,
wenn sie durch sachliche Gründe bedingt sind, die nichts mit dem
verbotenen Unterscheidungsmerkmal zu tun haben (...).
So liegt der Fall hier. Zu den Aufgaben der Beklagten
gehört es, Friedhöfe zu unterhalten. Hierfür braucht sie
Arbeitnehmer, die Bestattungsarbeiten ausführen. Es kann ihr nicht
verwehrt werden, Arbeitnehmer zu diesem Zweck einzustellen. Wenn sie einen
unstreitig zu diesem Zweck eingestellten Arbeitnehmer wie den Kläger
deshalb entlässt, weil er sich entgegen vorheriger Erklärung doch nicht
in der Lage sieht, die vereinbarten Arbeiten auszuführen,
so ist dies ein plausibler, auf das Arbeitsverhältnis und
den betrieblichen Zweck, zu dem es eingegangen wurde, bezogener Grund.
Die Bereitschaft des Klägers, auch Bestattungsarbeiten auszuführen,
stellte eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung dar (...).
Der Arbeitgeber, der einem Arbeitnehmer kündigt, weil dieser
eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung entgegen seiner Zusicherung
bei Vertragsschluss nicht erfüllt, handelt nicht treuwidrig.
b) Der allgemeine Gleichheitssatz (Art.3 Abs.1 GG) verbietet Ungleichbehandlungen,
für die es keine hinreichenden sachlichen Gründe gibt (...).
Wie ausgeführt, beruht im Falle des Klägers eine etwa vorhandene
Ungleichbehandlung auf arbeitsvertragsbezogenen, sachlichen Gründen.
5. Die Kündigung ist auch nicht, wie die Revision meint, deshalb nach
§ 242 BGB unwirksam, weil die Beklagte die nach Art.4 Abs.1 GG
unverletzliche Gewissensfreiheit missachtet ätte. Zu Unrecht macht die Revision
geltend, die Beklagte habe dem Kläger Bestattungsarbeiten nicht zuweisen dürfen
und die Weigerung des Klägers nicht zum Anlass der Kündigung
nehmen dürfen. Die Beklagte durfte dem Kläger
die Bestattungsarbeiten zuweisen. (...)" |
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