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aus den Entscheidungsgründen:
(BSG, Urteil vom 20.10.05, B 7a AL 50/05 R,
zur alten Fassung des § 37b SGB III, bis 31.12.2005) |
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"Nach §37b SGB III (...) sind Personen,
deren Versicherungspflichtverhältnis (= Arbeitsverhältnis) endet,
verpflichtet, sich unverzüglich nach Kenntnis des Beendigungszeitpunkts
persönlich beim Arbeitsamt (jetzt: Agentur für Arbeit)
arbeitsuchend zu melden (Satz 1). § 37b Satz 2 SGB III bestimmt:
'Im Falle eines befristeten Arbeitsverhältnisses hat die Meldung jedoch
frühestens drei Monate vor dessen Beendigung zu erfolgen'.
Entgegen der Rechtsansicht des Sozialgerichts (...) ist § 37b
Satz 2 SGB III nicht in sich so widersprüchlich bzw. unbestimmt,
dass er den rechtsstaatlichen Erfordernissen an eine Sanktionsandrohung
nicht mehr genügen kann. Richtigerweise ist § 37b Satz 2 SGB III
als unselbstständige Begrenzung des § 37b Satz 1 SGB III
anzusehen (...). Dies bedeutet, dass 'an sich' auch der befristet
Beschäftigte unverzüglich nach Kenntnis des Beendigungszeitpunktes
zur Meldung angehalten ist, er sich jedoch erst drei Monate
vor Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses melden muss,
auch wenn ihm bereits vorher der Zeitpunkt der Beendigung bekannt ist.
Dem Kläger und dem LSG ist einzuräumen, dass § 37b
Satz 2 SGB III mit der Verwendung des Begriffes 'frühestens'
unglücklich gefasst ist (...).
Bei strikter Wortlautinterpretation könnte die Obliegenheit des § 37b
Satz 2 SGB III so auszulegen sein, dass bei einem befristeten Arbeitsvertrag
mit einer Dauer von mehr als drei Monaten 'frühestens'
drei Monate vor dessen Beendigung - aber eben auch später -
eine ordnungsgemäße Arbeitsuchendmeldung erfolgen könnte. Nach Sinn
und Zweck der Regelung des § 37b Satz 2 SGB III ist
die Norm hingegen bei befristeten Arbeitsverhältnissen mit einer Dauer
von mehr als drei Monaten so auszulegen, dass 'spätestens'
drei Monate vor Beendigung des befristeten Arbeitsverhältnisses
eine Meldung zu erfolgen hat (...). Aus dieser Privilegierung
der befristeten Arbeitsverhältnisse (...) - bei unbefristeten
Arbeitsverhältnissen liegt der Zeitpunkt, zu dem die Obliegenheit
einsetzt, in Abhängigkeit von den konkreten Kündigungsfristen
bis zu sieben Monate (vgl. § 622 BGB) vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses -
kann im Umkehrschluss nicht gefolgert werden, dass bei Arbeitsverhältnissen,
die von vornherein für eine befristete Dauer von weniger
als drei Monaten abgeschlossen sind, die Pflicht zur&nbs;frühzeitigen
Arbeitsuchendmeldung gemäß § 37b SGB III gänzlich entfallen
solle (hierzu BSG, Urteil vom 20.10.2005, B 7a AL 28/05 R).
Vielmehr gilt für solche von vornherein für einen Zeitraum
unter drei Monaten befristete Arbeitsverhältnisse § 37b
Satz 1 SGB III. Der Arbeitnehmer hat sich mithin unverzüglich
nach Kenntnis des Beendigungszeitpunkts persönlich arbeitsuchend
zu melden. Da er bei Abschluss eines solchen befristeten Arbeitsverhältnisses
auch schon dessen Ende kennt, fällt die Pflicht nach § 37b
SGB III hier mit dem Abschluss eines befristeten Arbeitsverhältnisses
von unter drei Monaten zusammen (...).
(...)
Mithin ist zu überprüfen, ob der Kläger die grundsätzlich auch
für befristete Arbeitsverhältnisse bestehende Obliegenheit
des § 37b Satz 1 SGB III verletzt hat.
Eine solche Verletzung setzt nach der Rechtsprechung
beider Senate des BSG (...) auf Seiten des Versicherten
ein Verschulden nach einem subjektiven Fahrlässigkeitsmaßstab voraus.
Rechtlicher Ansatzpunkt hierzu ist § 121 BGB, der eine
Legaldefinition der Unverzüglichkeit enthält. Danach ist
ein Verstoß gegen die Obliegenheit, sich arbeitsuchend
zu melden, nur dann zu verneinen, wenn der Arbeitslose
unter Berücksichtigung seiner individuellen Kenntnisse und Fähigkeiten
ohne schuldhaftes Zögern gehandelt hat. Entgegen der Ansicht
der Beklagten ist die Unkenntnis des Arbeitslosen
über das Bestehen der Obliegenheit nicht ohne rechtliche Bedeutung.
Vielmehr ist im Rahmen des Kriteriums 'ohne schuldhaftes Zögern"
zu prüfen, ob der Leistungsempfänger zumindest fahrlässig
in Unkenntnis war, wobei, wie auch in anderen Bereichen
des Sozialrechts, anders als nach dem BGB ein subjektiver
Maßstab anzuwenden ist. Zu prüfen ist mithin,
ob der Leistungsempfänger nach seinem individuellen Vermögen
fahrlässig in Unkenntnis über die ihm auferlegte Obliegenheit
war und sich fahrlässig nicht unmittelbar nach dem Zeitpunkt der Kenntnis
über die Beendigung des Versicherungspflichtverhältnisses
bei der zuständigen Agentur für Arbeit gemeldet hat (...).
Diese Prüfung wird das LSG nachzuholen haben.
Das LSG wird im Rahmen der Fahrlässigkeitsprüfung auch zu beachten haben,
dass der 'Normbefehl' des § 37b Satz 2 SGB III hinsichtlich
des Zeitpunkts des Entstehens der Obliegenheit zur frühzeitigen
Arbeitsuchendmeldung gerade in Fällen befristeter Arbeitsverhältnisse
klarer und eindeutiger hätte formuliert werden können. Dies gilt sowohl
für den Zeitpunkt des Entstehens der Obliegenheit im Falle
eines von vornherein auf eine Dauer von unter drei Monaten
befristeten Arbeitsverhältnisses als auch für die Obliegenheit
bei befristeten Arbeitsverhältnissen generell. Bei der Prüfung
der 'subjektiven Vorwerfbarkeit' einer Obliegenheitsverletzung
durch einen Versicherten ist es deshalb angemessen
zu dessen Gunsten zu berücksichtigen, dass die Norm
des § 37b Satz 2 SGB III von den Gerichten
der Sozialgerichtsbarkeit unterschiedlich ausgelegt worden ist und teilweise
die Meinung vertreten wurde, § 37b Satz 2 SGB III sei
so verworren und unklar, dass eine eindeutige Obliegenheit aus dieser Norm
nicht abgeleitet werden könne (vgl. hierzu auch BSG, Urteil
vom 20.10.2005, B 7a AL 28/05 R)." | |
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