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Kündigung des Arbeitsvertrages
Befristung des Arbeitsvertrages
rechtzeitige Meldung bei der Arbeitsagentur

Bundessozialgericht (BSG)
Urteile vom 20.10.05
(B 7a AL 50/05 R)
(B 7a AL 28/05 R)


Die Urteile betreffen die alte Fassung
des § 37b SGB III (bis 31.12.2005).


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§ 37b SGB III:
frühzeitige Arbeitssuche
  neue Fassung seit dem 01.01.2006:

Personen, deren Arbeits- oder Ausbildungsverhältnis endet, sind verpflichtet, sich spätestens drei Monate vor dessen Beendigung persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend zu melden.

Liegen zwischen der Kenntnis des Beendigungszeitpunktes und der Beendigung des Arbeits- oder Ausbildungsverhältnisses weniger als drei Monate, hat die Meldung innerhalb von drei Tagen nach Kenntnis des Beendigungszeitpunktes zu erfolgen.

Die Pflicht zur Meldung besteht unabhängig davon, ob der Fortbestand des Arbeits- oder Ausbildungsverhältnisses gerichtlich geltend gemacht oder vom Arbeitgeber in Aussicht gestellt wird.

Die Pflicht zur Meldung gilt nicht bei einem betrieblichen Ausbildungsverhältnis.


alte Fassung bis zum 31.12.2005:

Personen, deren Versicherungspflichtverhältnis (= Arbeitsverhältnis) endet, sind verpflichtet, sich unverzüglich nach Kenntnis des Beendigungszeitpunkts persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend zu melden.

Im Falle eines befristeten Arbeitsverhältnisses hat die Meldung jedoch frühestens drei Monate vor dessen Beendigung zu erfolgen.

Die Pflicht zur Meldung besteht unabhängig davon, ob der Fortbestand des Arbeits- oder Ausbildungsverhältnisses gerichtlich geltend gemacht wird.

Die Pflicht zur Meldung gilt nicht bei einem betrieblichen Ausbildungsverhältnis.
 
 
 
 
  
Rechtstipps:
  Nach Erhalt einer Kündigung sollten Sie sich sogleich bei der Arbeitsagentur als arbeitssuchend melden. Andernfalls riskieren Sie eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld.

Ist Ihr Arbeitsverhältnis befristet, dann sollten Sie sich spätestens 3 Monate vor Ablauf der Befristung bei der Arbeitsagentur als arbeitssuchend melden. Andernfalls riskieren Sie eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld.

Ist die Befristung von vorneherein auf unter 3 Monate angesetzt, dann sollten Sie sich bereits bei Abschluss des Vertrages bei der Arbeitsagentur als arbeitssuchend melden. Andernfalls riskieren Sie eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld.
 
 
 
  
   aus den Entscheidungsgründen:   
   (BSG, Urteil vom 20.10.05, B 7a AL 50/05 R,   
   zur alten Fassung des § 37b SGB III, bis 31.12.2005)   
  "Nach §37b SGB III (...) sind Personen, deren Versicherungspflichtverhältnis (= Arbeitsverhältnis) endet, verpflichtet, sich unverzüglich nach Kenntnis des Beendigungszeitpunkts persönlich beim Arbeitsamt (jetzt: Agentur für Arbeit) arbeitsuchend zu melden (Satz 1). § 37b Satz 2 SGB III bestimmt: 'Im Falle eines befristeten Arbeitsverhältnisses hat die Meldung jedoch frühestens drei Monate vor dessen Beendigung zu erfolgen'. Entgegen der Rechtsansicht des Sozialgerichts (...) ist § 37b Satz 2 SGB III nicht in sich so widersprüchlich bzw. unbestimmt, dass er den rechtsstaatlichen Erfordernissen an eine Sanktionsandrohung nicht mehr genügen kann. Richtigerweise ist § 37b Satz 2 SGB III als unselbstständige Begrenzung des § 37b Satz 1 SGB III anzusehen (...). Dies bedeutet, dass 'an sich' auch der befristet Beschäftigte unverzüglich nach Kenntnis des Beendigungszeitpunktes zur Meldung angehalten ist, er sich jedoch erst drei Monate vor Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses melden muss, auch wenn ihm bereits vorher der Zeitpunkt der Beendigung bekannt ist. Dem Kläger und dem LSG ist einzuräumen, dass § 37b Satz 2 SGB III mit der Verwendung des Begriffes 'frühestens' unglücklich gefasst ist (...).

Bei strikter Wortlautinterpretation könnte die Obliegenheit des § 37b Satz 2 SGB III so auszulegen sein, dass bei einem befristeten Arbeitsvertrag mit einer Dauer von mehr als drei Monaten 'frühestens' drei Monate vor dessen Beendigung - aber eben auch später - eine ordnungsgemäße Arbeitsuchendmeldung erfolgen könnte. Nach Sinn und Zweck der Regelung des § 37b Satz 2 SGB III ist die Norm hingegen bei befristeten Arbeitsverhältnissen mit einer Dauer von mehr als drei Monaten so auszulegen, dass 'spätestens' drei Monate vor Beendigung des befristeten Arbeitsverhältnisses eine Meldung zu erfolgen hat (...). Aus dieser Privilegierung der befristeten Arbeitsverhältnisse (...) - bei unbefristeten Arbeitsverhältnissen liegt der Zeitpunkt, zu dem die Obliegenheit einsetzt, in Abhängigkeit von den konkreten Kündigungsfristen bis zu sieben Monate (vgl. § 622 BGB) vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses - kann im Umkehrschluss nicht gefolgert werden, dass bei Arbeitsverhältnissen, die von vornherein für eine befristete Dauer von weniger als drei Monaten abgeschlossen sind, die Pflicht zur&nbs;frühzeitigen Arbeitsuchendmeldung gemäß § 37b SGB III gänzlich entfallen solle (hierzu BSG, Urteil vom 20.10.2005, B 7a AL 28/05 R). Vielmehr gilt für solche von vornherein für einen Zeitraum unter drei Monaten befristete Arbeitsverhältnisse § 37b Satz 1 SGB III. Der Arbeitnehmer hat sich mithin unverzüglich nach Kenntnis des Beendigungszeitpunkts persönlich arbeitsuchend zu melden. Da er bei Abschluss eines solchen befristeten Arbeitsverhältnisses auch schon dessen Ende kennt, fällt die Pflicht nach § 37b SGB III hier mit dem Abschluss eines befristeten Arbeitsverhältnisses von unter drei Monaten zusammen (...).

(...)

Mithin ist zu überprüfen, ob der Kläger die grundsätzlich auch für befristete Arbeitsverhältnisse bestehende Obliegenheit des § 37b Satz 1 SGB III verletzt hat. Eine solche Verletzung setzt nach der Rechtsprechung beider Senate des BSG (...) auf Seiten des Versicherten ein Verschulden nach einem subjektiven Fahrlässigkeitsmaßstab voraus. Rechtlicher Ansatzpunkt hierzu ist § 121 BGB, der eine Legaldefinition der Unverzüglichkeit enthält. Danach ist ein Verstoß gegen die Obliegenheit, sich arbeitsuchend zu melden, nur dann zu verneinen, wenn der Arbeitslose unter Berücksichtigung seiner individuellen Kenntnisse und Fähigkeiten ohne schuldhaftes Zögern gehandelt hat. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist die Unkenntnis des Arbeitslosen über das Bestehen der Obliegenheit nicht ohne rechtliche Bedeutung. Vielmehr ist im Rahmen des Kriteriums 'ohne schuldhaftes Zögern" zu prüfen, ob der Leistungsempfänger zumindest fahrlässig in Unkenntnis war, wobei, wie auch in anderen Bereichen des Sozialrechts, anders als nach dem BGB ein subjektiver Maßstab anzuwenden ist. Zu prüfen ist mithin, ob der Leistungsempfänger nach seinem individuellen Vermögen fahrlässig in Unkenntnis über die ihm auferlegte Obliegenheit war und sich fahrlässig nicht unmittelbar nach dem Zeitpunkt der Kenntnis über die Beendigung des Versicherungspflichtverhältnisses bei der zuständigen Agentur für Arbeit gemeldet hat (...). Diese Prüfung wird das LSG nachzuholen haben.

Das LSG wird im Rahmen der Fahrlässigkeitsprüfung auch zu beachten haben, dass der 'Normbefehl' des § 37b Satz 2 SGB III hinsichtlich des Zeitpunkts des Entstehens der Obliegenheit zur frühzeitigen Arbeitsuchendmeldung gerade in Fällen befristeter Arbeitsverhältnisse klarer und eindeutiger hätte formuliert werden können. Dies gilt sowohl für den Zeitpunkt des Entstehens der Obliegenheit im Falle eines von vornherein auf eine Dauer von unter drei Monaten befristeten Arbeitsverhältnisses als auch für die Obliegenheit bei befristeten Arbeitsverhältnissen generell. Bei der Prüfung der 'subjektiven Vorwerfbarkeit' einer Obliegenheitsverletzung durch einen Versicherten ist es deshalb angemessen zu dessen Gunsten zu berücksichtigen, dass die Norm des § 37b Satz 2 SGB III von den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit unterschiedlich ausgelegt worden ist und teilweise die Meinung vertreten wurde, § 37b Satz 2 SGB III sei so verworren und unklar, dass eine eindeutige Obliegenheit aus dieser Norm nicht abgeleitet werden könne (vgl. hierzu auch BSG, Urteil vom 20.10.2005, B 7a AL 28/05 R)."
 
 
 
  
   aus den Entscheidungsgründen:   
   (BSG, Urteil vom 20.10.05, B 7a AL 28/05 R,   
   zur alten Fassung des § 37b SGB III, bis 31.12.2005)   
  "Entgegen der Rechtsansicht des LSG ist jedoch § 37b Satz 2 SGB III nicht in sich so widersprüchlich bzw. unbestimmt, dass er den rechtsstaatlichen Erfordernissen an eine Sanktionsandrohung nicht mehr genügen kann. Richtigerweise ist § 37b Satz 2 SGB III als unselbstständige Begrenzung des § 37b Satz 1 SGB III anzusehen (...). Dies bedeutet, dass 'an sich' auch der befristet Beschäftigte unverzüglich nach Kenntnis des Beendigungszeitpunktes zur Meldung angehalten ist, er sich jedoch erst drei Monate vor der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses melden muss, wenn ihm bereits vorher der Zeitpunkt der Beendigung bekannt ist. Keinesfalls kann aus dieser Privilegierung der befristeten Arbeitsverhältnisse (...) im Umkehrschluss gefolgert werden, dass bei Arbeitsverhältnissen, die von vornherein für eine befristete Dauer von weniger als drei Monaten abgeschlossen sind, die Pflicht zur frühzeitigen Arbeitsuchendmeldung gemäß § 37b SGB III gänzlich entfallen solle. Vielmehr gilt für solche von vornherein für einen Zeitraum unter drei Monaten befristete Arbeitsverhältnisse § 37b Satz 1 SGB III. Der Arbeitnehmer hat sich mithin unverzüglich nach Kenntnis des Beendigungszeitpunkts persönlich arbeitsuchend zu melden. Da er bei Abschluss eines solchen befristeten Arbeitsverhältnisses auch schon dessen Ende kennt, fällt die Pflicht zur frühzeitigen Arbeitsuchendmeldung nach § 37b SGB III hier mit dem Zeitpunkt des Abschlusses eines befristeten Arbeitsverhältnisses von unter drei Monaten zusammen (...). Folglich bestand auch für den Kläger die Obliegenheit gemäß § 37b Satz 1 SGB III. Die abweichende Ansicht des LSG hätte im Übrigen zur Folge, dass lediglich die Gruppe der Arbeitnehmer, die ein Beschäftigungsverhältnis eingehen, das von vornherein auf eine Dauer von unter drei Monaten befristet ist, von der Verpflichtung des § 37b SGB III ausgenommen wäre. Die Materialien zu § 37b SGB III (BT-Drucks. 15/25, S.27) geben jedenfalls keinen Anlass zu der Auslegung, der Gesetzgeber habe gerade diese Gruppe oder generell die befristeten Arbeitsverhältnisse von der Verpflichtung des § 37b SGB III ausnehmen wollen. Gegen eine 'unbewusste Lücke' des § 37b SGB III spricht Sinn und Zweck der Norm, eine nahtlose Vermittlung des Arbeitnehmers aus einer Arbeit in Arbeit - ohne zwischenzeitliche Arbeitslosigkeit - zu ermöglichen, so dass gerade auch befristete Arbeitsverhältnisse von kürzerer Dauer nach dem Plane des Gesetzes von § 37b SGB III erfasst werden sollten.

Mithin ist zu überprüfen, ob der Kläger die Obliegenheit (...) des § 37b Satz 1 SGB III verletzt hat. Eine solche Verletzung setzt nach der Rechtsprechung beider Senate des BSG (...) auf Seiten des Versicherten ein Verschulden nach einem subjektiven Fahrlässigkeitsmaßstab voraus. Rechtlicher Ansatzpunkt hierzu ist § 121 BGB, der eine Legaldefinition der Unverzüglichkeit enthält. Danach ist ein Verstoß gegen die Obliegenheit, sich arbeitsuchend zu melden, nur dann zu verneinen, wenn der Arbeitslose unter Berücksichtigung seiner individuellen Kenntnisse und Fähigkeiten ohne schuldhaftes Zögern gehandelt hat. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist die Unkenntnis des Arbeitslosen über das Bestehen der Obliegenheit nicht ohne rechtliche Bedeutung. Vielmehr ist im Rahmen des Kriteriums 'ohne schuldhaftes Zögern' zu prüfen, ob der Leistungsempfänger zumindest fahrlässig in Unkenntnis war, wobei, wie auch in anderen Bereichen des Sozialrechts, anders als nach dem BGB ein subjektiver Maßstab anzuwenden ist. Zu prüfen ist mithin, ob der Leistungsempfänger nach seinem individuellen Vermögen fahrlässig in Unkenntnis über die ihm auferlegte Obliegenheit war und sich fahrlässig nicht unmittelbar nach dem Zeitpunkt der Kenntnis über die Beendigung des Versicherungspflichtverhältnisses bei der zuständigen Agentur für Arbeit gemeldet hat (...). Diese Prüfung wird das LSG nachzuholen haben. Das LSG wird dabei auch zu berücksichtigen haben, dass die Norm des § 37b Satz 2 SGB III (...) eindeutiger und klarer hätte gefasst werden können. Hat eine Norm selbst noch in den Instanzen der Sozialgerichtsbarkeit Anlass zu unterschiedlichen Auslegungen gegeben, kann von einem Versicherten im Rahmen der Fahrlässigkeitsprüfung im Regelfall keine Normkenntnis bzw. ein klares Normverständnis erwartet werden.
 
 

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