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Arbeitsrecht
Lohnuntergrenzen
Praktikumsvergütung
hier: Praktikum zur Vorbereitung einer Ausbildung

Arbeitsgericht Bielefeld
Urteil vom 22.11.06
(3 Ca 2033/06)


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   aus den Entscheidungsgründen:   
  "Der Anspruch der Klägerin ergibt sich aus § 26 und § 17 BBiG i.V.m. § 612 BGB.

Nach § 17 Abs.1 Satz 1 BBiG haben Ausbildende Auszubildenden eine angemessene Vergütung zu gewähren. Nach § 612 Abs.1 BGB gilt eine Vergütung als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.

Der Beklagte kann nach Ansicht der Kammer nicht erwarten, dass potentielle Auszubildende vor Abschluss oder im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Berufsausbildungsvertrages oder auch danach ein mehrwöchiges unentgeltliches Praktikum in seiner Praxis absolvieren. Er ist verpflichtet, ein derartiges Praktikum zu vergüten, unabhängig davon, ob die Erbringung von Arbeitsleistung oder der Ausbildungszweck im Vordergrund steht.

Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Vereinbarung eines Praktikums vor Abschluss eines Berufsausbildungsvertrages überhaupt rechtlich zulässig ist (...)

Selbst wenn man dem Beklagten zugute halten will, dass es für beide Vertragsparteien eines zukünftigen Berufsausbildungsverhältnisses sinnvoll sein kann, ein Praktikum zu absolvieren, um für den Abschluss des Berufsausbildungsvertrages eine Grundlage zu haben, kann der Beklagte nicht davon ausgehen, dass ein derartiges Praktikum grundsätzlich nicht zu vergüten ist.

Im Berufsausbildungsverhältnis besteht - dies dürfte unstreitig sein - für alle Personen, die eingestellt werden, um berufliche Fertigkeiten, Kenntnisse, Fähigkeiten oder berufliche Erfahrung zu erwerben, ein Vergütungsanspruch nach § 17 Berufsbildungsgesetz. Soweit nicht ein Arbeitsverhältnis vereinbart ist, gekten für Personen, die eingestellt werden, um berufliche Fertigkeiten, Kenntnisse, Fähigkeiten oder berufliche Erfahrung zu erwerben, ohne dass es sich um eine Berufsausbildung im Sinne des Berufsbildungsgesetzes handelt, die §§ 10 bis 23 BBiG - und damit auch § 17 BBiG - ensprechend (§ 26 BBiG). Dies bedeutet, dass auch ein Praktikum in entsprechender Anwendung des § 17 BBiG zu vergüten ist. Dieser Anspruch ist nach § 25 BBiG unabdingbar. (...)

Wenn man mit der Klägerin davon ausgeht, dass ihr in nicht unerheblichem Ausmaß die Erbringung von Arbeitsleistung abverlangt worden ist, somit die Leistung von Diensten nach Weisung des Beklagten Schwerpunkt des Rechtsverhältnisses gewesen ist, mithin die Erbringung einer Arbeitsleistung während der gesamten Zeit gegenüber der Ausbildung für eine spätere qualifizierte Tätigkeit im Vordergrund gestanden hätte (...), ergäbe sich der Vergütungsanspruch der Klägerin aus § 612 BGB.

Damit war die Tätigkeit der Klägerin in der Praxis des Beklagten ab dem 12.06.2000 grundsätzlich vergütungspflichtig. Bezüglich der Höhe regelt § 17 BBiG, auf den § 26 BBiG verweist, dass Auszubildende einen Anspruch auf eine 'angemessene Vergütung haben, während § 612 Abs.2 BGB regelt, dass die 'taxmäßige' Vergütung, in Ermangeltung einer Taxe die 'übliche" Vergütung als vereinbart anzusehen ist.

Nach Ansicht der Kammer kann dahingestellt bleiben, auf welcher gesetzlichen Basis der Vergütungsanspruch der Klägerin beruht, da nach beiden Vorschriften die eingeklagte Vergütung von 150 Euro pro Woche gerechtfergtigt ist. Die Kammer hält eine Vergütung von 3,75 Euro pro Stunde für eine ungelernte/angelernte Kraft für 'angemessen'. (...)"
 
 
  
§ 17 Berufsbildungsgesetz (BBiG)
  (1) Ausbildende haben Auszubildenden eine angemessene Vergütung zu gewähren. Sie ist nach dem Lebensalter der Auszubildenden so zu bemessen, dass sie mit fortschreitender Berufsausbildung, mindestens jährlich, ansteigt.
§ 26 Berufsbildungsgesetz (BBiG)
  Soweit nicht ein Arbeitsverhältnis vereinbart ist, gelten für Personen, die eingestellt werden, um berufliche Fertigkeiten, Kenntnisse, Fähigkeiten oder berufliche Erfahrungen zu erwerben, ohne dass es sich um eine Berufsausbildung im Sinne dieses Gesetzes handelt, die §§ 10 bis 23 und 25 mit der Maßgabe, dass (...)
§ 612 BGB
  (1) Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.
(2) Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen.
 

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