|
aus der Pressemitteilung: |
|
"Nach § 17
Abs.1 Satz 1 KSchG
muss ein Arbeitgeber der Agentur für Arbeit Anzeige erstatten,
bevor er innerhalb von 30 Kalendertagen eine im Gesetz näher
genannte Anzahl von Arbeitnehmern entlässt. Bisher galt nach der
ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, dass die Anzeige
an die Arbeitsverwaltung rechtzeitig vor der tatsächlichen Beendigung
der Arbeitsverhältnisse erfolgen musste. Sie konnte deshalb
auch noch nach dem Ausspruch der Kündigungen erfolgen.
Mit Urteil
vom 27. Januar 2005 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) zur Auslegung
der Massenentlassungsrichtlinie 98/59/EG (MERL), die durch
die §§ 17ff KSchG
in das deutsche Arbeitsrecht umgesetzt worden ist, in der
Rechtssache "Junk"
entschieden, die Kündigungserklärung des Arbeitgebers
sei das Ereignis, das als "Entlassung" im Sinne
der MERL gilt.
Mit den sich aus dieser Entscheidung ergebenden Anpassungsproblemen
für das deutsche Massenentlassungsrecht hatte sich das Bundesarbeitsgericht
erstmals näher auseinander zu setzen.
Der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts ist dem EuGH grundsätzlich gefolgt.
Er hat im Entscheidungsfall die Regelung des § 17 Abs.1 Satz 1 KSchG richtlinienkonform ausgelegt. Danach muss nunmehr
die Anzeige bei der Agentur für Arbeit rechtzeitig
vor dem Ausspruch der Kündigungen erfolgen. Ob eine
nicht rechtzeitige Anzeige zur Unwirksamkeit der Kündigung führt
oder auch weiterhin nur die Entlassung nicht vollzogen werden kann,
hat der Senat dahinstehen lassen. Eine Unwirksamkeit der Kündigung
kann hier schon deshalb nicht angenommen werden, weil dem kündigenden
Arbeitgeber Vertrauensschutz zu gewähren ist. Arbeitgeber durften zumindest
bis zum Bekanntwerden der zitierten Entscheidung des EuGH
auf die ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und die
durchgängige Verwaltungspraxis der Agenturen für Arbeit vertrauen,
die eine Anzeige vor der tatsächlichen Beendigung
des Arbeitsverhältnisses ausreichen ließen.
Einem kündigenden Arbeitgeber können nicht rückwirkend
Handlungspflichten auferlegt werden, mit denen er nicht zu rechnen
brauchte und die er nachträglich nicht mehr erfüllen kann."
|
|
| |