rechtsrat aktuell:
Befristung des Arbeitsvertrages ab 52
|
Die Befristung des Arbeitsvertrages ist geregelt im Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG).
Der Arbeitsvertrag kann hiernach befristet abgeschlossen werden, wenn ein
sog. Befristungsgrund vorliegt, der im Gesetz ausdrücklich
aufgeführt ist, z.B. Vertretung oder Erprobung (§ 14 Abs.1 TzBfG).
Fehlt ein solcher Befristungsgrund, dann kann der Arbeitsvertrag
bis zu 2 Jahren befristet werden (§ 14 Abs.2 TzBfG). Eine Ausnahme gilt,
wenn der Arbeitgeber Existenzgründer ist; dann kann
der Arbeitsvertrag bis zu 4 Jahren befristet werden (§ 14 Abs.2a TzBfG).
Für ältere Arbeitnehmer galt ursprünglich folgende Ausnahmeregelung
(§ 14 Abs.3 TzBfG):
|
Die Befristung eines Arbeitsvertrages bedarf keines sachlichen Grundes,
wenn der Arbeitnehmer bei Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses
das 58. Lebensjahr vollendet hat.
Die Befristung ist nicht zulässig, wenn zu einem vorhergehenden unbefristeten
Arbeitsvertrag mit demselben Arbeitgeber ein enger sachlicher Zusammenhang besteht.
Ein solcher enger sachlicher Zusammenhang ist insbesondere anzunehmen, wenn zwischen
den Arbeitsverträgen ein Zeitraum von weniger als sechs Monaten
liegt. |
Diese Vorschrift wurde zum 01.01.03 um folgenden Satz 4 ergänzt:
|
Bis zum 31. Dezember 2006 ist Satz 1 mit der Maßgabe anzuwenden,
dass an die Stelle des 58. Lebensjahres
das 52. Lebensjahr tritt. |
Die Absenkung des Lebensalters von 58 auf 52 Jahre als Voraussetzung
für die erleichterte Befristung sollte zunächst nur
bis zum 31.12.06 wirksam sein. Seit dem 01.01.07 sollte
also wieder gelten, dass die erleichterte Befristung erst
ab dem 58. Lebensjahr möglich ist.
Allerdings hatte der Europäische Gerichtshof bereits Ende 2005 klargestellt,
dass die Regelung in § 14 Abs.3 Satz 4 TzBfG gegen das Verbot
der Altersdiskriminierung verstößt (Urteil vom 22.11.05, "Mangold").
Das Bundesarbeitsgericht ist dem gefolgt und hat entschieden,
dass § 14
Abs.3 Satz 4 TzBfG nicht anzuwenden ist (Urteil vom 26.04.06).
Aufgrund dieser Rechtsprechung war es dem Gesetzgeber nicht möglich,
die genannte Vorschrift über den 31.12.06 hinaus zu verlängern.
Deshalb ist § 14
Abs.3 nun insgesamt neu gefasst worden und hat zum 01.05.07
folgenden neuen Wortlaut erhalten
(Gesetz zur Verbesserung der Beschäftigungschancen
älterer Menschen):
|
Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen
eines sachlichen Grundes ist bis zu einer Dauer von 5 Jahren
zulässig, wenn der Arbeitnehmer bei Beginn des befristeten
Arbeitsverhältnisses das 52. Lebensjahr vollendet hat und unmittelbar
vor Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses mindestens 4 Monate
beschäftigungslos im Sinne des § 119 Abs.1 Nr.1
des Dritten Buches
Sozialgesetzbuch gewesen ist, Transferkurzarbeitergeld bezogen oder an einer öffentlich
geförderten Beschäftigungsmaßnahme nach dem Zweiten oder Dritten Buch Sozialgesetzbuch teilgenommen hat.
Bis zu der Gesamtdauer von 5 Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung
des Arbeitsvertrages zulässig. |
Die Befristung ist also (wieder) für Arbeitnehmer
ab dem 52. Lebensjahr erleichtert. Neu ist
die zeitliche Beschränkung der Befristungsdauer (höchstens 5 Jahre)
und insbesondere die weitere Voraussetzung, dass diese 5jährige
Befristungsmöglichkeit nur dann gilt, wenn der Arbeitnehmer
zuvor 4 Monate beschäftigungslos war.
"Beschäftigungslos" heißt dabei nicht "arbeitslos"; dies wird
in der Begründung zum Gesetzentwurf ausdrücklich klargestellt.
Es kommt also nur darauf an, dass der Arbeitnehmer
in den letzten 4 Monaten vor Abschluss des (befristeten)
Arbeitsvertrages nicht "beschäftigt" war bzw. Transferkurzarbeitergeld bezogen
oder an einer öffentlich geförderten Beschäftigungsmaßnahme
teilgenommen hat; nach der Gesetzesbegründung soll es
einer "Beschäftigungslosigkeit" nicht einmal entgegenstehen,
wenn der Arbeitnehmer innerhalb des 4-Monats-Zeitraums "kurzzeitige
Beschäftigungen, z.B. Aushilfstätigkeiten" ausgeübt hat.
Mit Blick auf das "Mangold-Urteil" des Europäischen Gerichtshofs
wird die neue Regelung in der Gesetzesbegründung wie folgt
gerechtfertigt: "Der vorgesehene Mindestzeitraum von vier Monaten
Beschäftigungslosigkeit oder gleichstehender Fördermaßnahmen verdeutlicht
die persönlich schwierige Situation der Arbeitnehmerin oder
des Arbeitnehmers am Arbeitsmarkt."
Meines Erachtens ist dieser 4-Monats-Zeitraum deutlich zu kurz, um den Vorgaben
zu genügen, die der Europäische Gerichtshof zur Vermeidung
einer Altersdiskriminierung aufgestellt hat, zumal da es gar nicht
auf die vorherige Arbeitslosigkeit des Arbeitnehmers ankommen soll,
sondern bereits die vorherige "Beschätigungslosigkeit" ausreichen soll,
um die erleichterte Befristung zu rechtfertigen. Es wäre deshalb
nicht überraschend, wenn der Europäische Gerichtshof auch diese
neue Regelung wieder kippen würde.
Ausweislich der Gesetzesbegründung geht der Gesetzgeber weiterhin davon aus,
dass es eine Wohltat für ältere Arbeitnehmer sei,
wenn ihre Arbeitsverhältnisse unter erleichterten Bedingungen
befristet werden können, dort wird z.B. von der "zusätzlichen
Chance einer befristeten Beschäftigung" gesprochen. Dann wäre es
eine Diskriminierung jüngerer Arbeitnehmer, dass ihnen "diese Chance"
nicht gleichfalls eingeräumt wird. Tatsächlich geht es hier aber
um eine Altersdiskriminierung, d.h. um die Benachteiligung älterer
Arbeitnehmer, die befürchten müssen, aufgrund der gesetzlichen
Regelung nur noch befristet beschäftigt zu werden. Eine solche
Altersdiskriminierung kann unter bestimmten Voraussetzungen zulässig sein,
z.B. um ältere Arbeitnehmer wieder eine Beschäftigungsmöglichkeit
zu verschaffen, die sie sonst nicht hätten; es erscheint aber sehr
zweifelhaft, ob die in dem Gesetzentwurf genannten Voraussetzungen ausreichen,
um die Altersdiskriminierung zu rechtfertigen.
Ein weiteres Problem besteht in der Unklarheit des Begriffs "beschäftigungslos".
Die Gesetzesbegründung billigt dem Arbeitgeber insoweit ein "Fragerecht"
zu, der Arbeitnehmer müsse "wahrheitsgemäß antworten". Wie aber
soll der Arbeitnehmer die Frage nach seiner "vorherigen Beschäftigungslosigkeit"
wahrheitsgemäß beantworten, wenn unklar bleibt, was mit
diesem Begriff überhaupt gemeint ist?
Wenn die Voraussetzungen des neuen § 14 Abs.3 TzBfG vorliegen, dann ist es
außerdem zulässig, den Arbeitsvertrag innerhalb des 5-Jahres-Zeitraums
beliebig oft zu verlängern; im Gegensatz hierzu lässt
§ 14 Abs.2
TzBfG nur die dreimalige Verlängerung innerhalb des dortigen 2-Jahres-Zeitraums zu.
Auch die erneute befristete Beschäftigung bei einem früheren Arbeitgeber
ist im Rahmen des neuen § 14 Abs.3 TzBfG zulässig;
§ 14 Abs.2
TzBfG schließt eine solche erneute Befristung bei einem früheren Arbeitgeber aus.
|
Rechtsanwalt Arne Maier, Am Kronenhof 2, 73728 Esslingen
| |
|
|