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EzB - Entscheidungen zum Bankrecht
Möglichkeit der Restschuldbefreiung ändert nichts an der
Sittenwidrigkeit ruinöser Bürgschaften und Schuldbeitritte
BGH,
Urteil vom 16.06.2009
- XI ZR 539/07 -
Leitsätze:
1. Eine anderweitige Sicherheit schließt die Sittenwidrigkeit von Bürgschaften
oder Mithaftungsübernahmen finanziell krass überforderter Ehepartner bzw. Lebenspartner
für eine Darlehensschuld des anderen Teils nur dann aus,
wenn gewährleistet ist, dass den Betroffenen allenfalls eine
seine Finanzkraft nicht übersteigende "Ausfallhaftung" trifft.
2. Bei der Frage, ob die Grundschuld nach dem Inhalt der vorformulierten Bankbedingungen
auch künftige Forderungen gegen den Darlehensnehmer sichert, darf eine
Unklarheit i.S.v. § 5 AGBG (§ 305c Abs.2 BGB) nicht zu Lasten
des finanziell krass überforderten Bürgen oder Mithaftenden gehen.
3. Die Möglichkeit einer Restschuldbefreiung gemäß §§ 286 ff.
InsO schließt
eine Anwendung des § 138 Abs.1 BGB auf ruinöse Bürgschaften
oder Schuldbeitritte finanzschwacher Ehepartner bzw. Lebenspartner nicht aus.
Aus den Entscheidungsgründen:
zum 1. Leitsatz:
"(21) Anderweitige Sicherheitsleistungen des Kreditnehmers - vor allem dingliche Sicherheiten -
(sind) im Rahmen der Wirksamkeitsprüfung finanziell übermäßig
belastender Bürgschaften oder Schuldbeitritte zu berücksichtigen,
wenn sie das Haftungsrisiko des Betroffenen in rechtlich gesicherter Weise
auf ein vertretbares Maß beschränken (...). Den finanziell krass
überforderten Bürgen oder Mithaftenden (darf) jedoch mit Rücksicht
auf die weitere Sicherheit allenfalls eine seine finanzielle Leistungsfähigkeit
nicht übersteigende und damit von § 138 Abs.1 BGB nicht erfasste
'Ausfallhaftung' treffen. Dazu muss gewährleistet sein, dass der Kreditgeber
ihn erst nach einer ordnungsgemäßen Verwertung der anderen Sicherheit
in Anspruch nimmt."
zum 3. Leitsatz:
"(32) Es ist nicht der Zweck des langjährigen und komplizierten
Restschuldbefreiungsverfahrens, Kreditinstitute, die versuchen, die offensichtliche
Willensschwäche eines finanziell überforderten Ehepartners oder nichtehelichen
Lebensgefährten des Hauptschuldners zur Durchsetzung ihrer vermeintlichen
Interessen zu nutzen, vor der weitreichenden Nichtigkeitssanktion
des § 138 Abs.1 BGB zu bewahren."
Fundstellen in Zeitschriften:
VuR 2009, 421 (Besprechung RA Maier)
NJW 2009, 2671 (Krüger, 3408)
WM 2009, 1460
ZIP 2009, 1462
DB 2009, 1646
EWiR 2009, 527 (Strohmeyer)
Vorinstanz:
OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 15.09.2006
- 23 U 250/05 - |