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EzB - Entscheidungen zum Bankrecht
Sind nur anrüchige Rückvergütungen aufklärungspflichtig?
OLG Stuttgart,
Urteil vom 12.05.2010
- 3 U 200/09 -
Begriffe:
Anlageberatung, Aufklärungspflicht, Schadensersatz, Interessenkonflikt,
Rückvergütungen, Kick-Backs,
Medienfonds, Prospektangaben, Kosten der Eigenkapitalbeschaffung, Verschulden, Rechtsirrtum,
Kausalität, Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens |
Leitsätze:
1. Zur Aufklärung über das Totalverlustrisiko einer Unternehmensbeteiligung (Medienfonds) kann es genügen,
dem Anleger rechtzeitig vor Vertragsabschluss einen Prospekt zu überlassen, wenn darin
die nötigen Informationen wahrheitsgemäß und verständlich enthalten sind.
2. Bei der Frage der Aufklärungspflicht eines Anlageberaters über die ihm in Folge der Vermittlung
zustehenden Vergütungen ist zwischen normalen Vertriebsprovisionen (Innenprovisionen) und Rückvergütungen
zu unterscheiden. Nur letztere sind auch unterhalb der vom BGH festgesetzten Schwelle (Innenprovision
mehr als 15% der Beteiligungssumme) aufklärungspflichtig.
3. Aufklärungspflichtige Rückvergütungen liegen nur dann vor, wenn Teile der - offen ausgewiesenen -
Ausgabeaufschläge und Verwaltungskosten, die der Kunde über die Bank oder eine
sonstige Vertriebsgesellschaft an die Fondsgesellschaft zahlt, hinter seinem Rücken
an den Anlageberater umsatzabhängig zurückfließen, so dass dieser ein für den Kunden
nicht erkennbares besonderes Interesse hat, gerade diese Beteiligung zu empfehlen, die Zahlungen also
schmiergeldähnliche Funktion haben.
4. Jedenfalls dann, wenn die Kosten für die Eigenkapital- und Fremdbeschaffung sowie für eine etwaige
Platzierungsgarantie im rechtzeitig übergebenen Verkaufsprospekt offen ausgewiesen sind und die vom Anlagerberater
erhaltene Provision die angegebenen Kapitalbeschaffungskosten nicht übersteigt, besteht ohne hinzutretende
weitere Umstände keine Pflicht zur Aufklärung über die Höhe der Provisionszahlung.
Fundstellen in Zeitschriften:
VuR 2010, 305 (Besprechung RA Maier)
ZIP 2010, 1386
EWiR 2010, 631 (Weber)
Vorinstanz:
LG Heilbronn, Urteil vom 06.11.2009
- 5 O 199/09 St -
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