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      EzB - Entscheidungen zum Bankrecht

Lehman-Zertifikate; keine Aufklärungspflicht über
"bankübliche" Vertriebsprovision


LG Itzehoe, Urteil vom 06.08.2009
- 7 O 39/09 - (nicht rechtskräftig)
Klage abgewiesen

Begriffe:
Anlageberatung, Aufklärungspflicht, Schadensersatz, Lehman-Zertifikate, Rückvergütungen, Kick-Backs, bankübliche Vertriebsprovision, Anlegerhorizont, Risikoprofil, Risikobereitschaft, Insolvenzrisiko

Leitsätze RA Maier:

1. Im November 2006 war das spezifische Risiko einer Insolvenz von Lehman Brothers nicht erkennbar. Die beratende Bank musste deshalb über das Totalausfallrisiko nicht aufklären.

2. Eine Provision von 3,5% des Kaufpreises für die Vermittlung von Inhaberschuldverschreibungen (Zertifikate) entspricht allgemeiner Übung der Banken. Ein Kunde muss mit solchen Gebühren rechnen, selbst wenn sie in der Verkaufsabrechnung nicht ausgewiesen sind. Es handelt sich dabei nicht um eine sog. "Kick-Back-Provision". Die beratende Bank muss hierüber nicht aufklären.

Aus der Pressemitteilung des Landgerichts Itzehoe:

"Die beklagte Bank hat nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme keine Beratungspflichten verletzt und sich daher auch nicht schadensersatzpflichtig gemacht.

Entscheidend für den Umfang der Beratungspflichten der Bank ist der Anlegerhorizont, mithin die Frage, ob es sich um einen konservativen Anleger ohne Erfahrung mit Wertpapieranlagen handelt oder um einen risikobereiten Anleger mit Erfahrung im Wertpapiergeschäft und entsprechender Anlagestrategie. (...) Ein risikobereiter Anleger ist bei der Empfehlung der Neuanlage nicht in gleichem Umfang aufzuklären wie ein Neukunde oder wie ein Kunde, der erstmalig ihm unbekannte risikoträchtige Anlagen empfohlen erhält.

Eine Pflichtverletzung folgt auch nicht daraus, dass der Mitarbeiter der Beklagten den Kläger nicht über das Insolvenzrisiko der Investmentbank Lehman Brothers aufgeklärt hat. Denn zum Zeitpunkt des Beratungsgesprächs im November 2006 war das Insolvenzrisiko der immerhin viertgrößten Investmentbank der Welt für die Beklagte nicht erkennbar und daher rein theoretischer Natur.

Anders als in den vom Landgericht Hamburg entschiedenen Fällen konnten im vorliegenden Fall auch nicht die Grundsätze der als "Kick-Back"-Urteile bezeichneten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs Anwendung finden. Darin hat der Bundesgerichtshof die Pflicht angenommen, dass eine Bank im Zusammenhang mit der Beratung durch sie oder einen Dritten darauf hinweisen muss, wenn der Beratende eine Rückvergütung oder Provision erhält, ohne dass der Kunde dies aus dem Vertrag selbst erkennen kann, z.B. weil die Innenprovision in dem Kaufpreis 'versteckt' ist. Denn die Beklagte hat in Abrede gestellt, dass irgendeine Leistung außer der banküblichen Vertriebsprovision i.H.v. 3,5% an sie oder den Vermittler geflossen ist, so dass nicht von einer solchen "Kick-Back-Provision" ausgegangen werden kann. Anders als in den vom Landgericht Hamburg entschiedenen Fällen (vgl. die Pressemitteilungen vom 23.06.2009 und vom 01.07.2009), in denen das beratende Kreditinstitut die Zertifikate anbieten musste, um sie nicht mit Verlust an die Emittentin zurückgeben zu müssen, hat die Beklagte dargelegt und unter Beweis gestellt, dass sie außer der banküblichen Vertriebsprovision von 3,5% keine weiteren Vorteile gezogen hat.

Mangels Aufklärungspflichtverletzung war daher die Klage abzuweisen."

Anmerkung RA Maier:

Das Urteil ist verkehrt, soweit es eine Haftung der Bank nach Kick-Back-Grundsätzen verneint. Auch "bankübliche Vertriebsprovisionen in Höhe von 3,5%" sind "Kick-Back-Provisionen"; auf die Höhe der Provision kommt es dabei nicht an (z.B. OLG Karlsruhe, Urteil vom 03.03.2009).

Eine Aufklärungspflicht über das Insolvenzrisiko des Emittenten wird auch vom Landgericht Frankfurt a.M. verneint, wenn dieses Risiko nur theoretischer Natur ist (Urteil vom 28.11.2008). Ausdrücklich anders das Landgericht Potsdam (Urteil vom 24.06.2009). Unabhängig davon musste die beratende Bank aber in der Regel darüber aufklären, dass die Anlagen in Lehman-Zertifikate nicht durch eine Einlagensicherung geschützt waren (hierzu wegweisend Bömcke/Weck, VuR 2009,53; Landgericht Hamburg, Urteil vom 23.06.2009; Landgericht Potsdam, Urteil vom 24.06.2009).

Siehe auch Rechtsprechungsübersicht zu den Lehman-Zertifikaten.
 
Entscheidung im Wortlaut
(Fundstellen im Internet):
  • RA Ebenhöh
  •       Zusammenfassungen / Stellungnahmen
    (Fundstellen im Internet):
  • Pressemitteilung Landgericht Itzehoe
  • NWB
  • Beck aktuell

  • Fundstellen in Zeitschriften:
  • WM 2009, 1745


  • nicht rechtskräftig
    Aktenzeichen beim OLG Schleswig: 5 U 110/09

    Rechtsanwalt Arne Maier, Am Kronenhof 2, 73728 Esslingen

     

             
     
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